Andalusien-Roadtrip: Maurische Kultur zwischen Córdoba und Sevilla

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Spanien Andalusien Cordoba by franky1st (Pixabay)

 

Infobox
Autor:Olaf Remmers
Reisezeit:April 2019
Art der Reise:Selbstorganisierter und -finanzierter Roadtrip
Lesezeit: 14 Minuten
  

Unsere Reise nach Andalusien, die 2019 – also noch vor der Corona-Pandemie – stattfand, wurde ursprünglich angeregt durch einen faszinierenden Bericht über die Mezquita-Catedral de Córdoba (Kathedralmoschee von Córdoba), den wir im Fernsehen sahen. Den Besuch Andalusiens haben wir dann in der Karwoche (Teil 1) und in der viel ruhigeren, darauffolgenden Woche realisiert. Als Reisezeit war uns der April sehr angenehm, da wir die große Hitze in den Sommermonaten scheuen, aber im März/April ist es teilweise noch sehr kalt (Granada!) und wir haben viel gefroren. Nur in Sevilla und Málaga war es bereits angenehm warm.

Unsere Reiseroute

 

Was bisher geschah

Die Semana Santa (Karwoche) haben wir hauptsächlich in Málaga und Granada verbracht und dort neben einigen kulturellen Highlights wie dem „museoPICASSOmálaga“ in Málaga und der Alhambra in Granada diverse Prozessionen erlebt, die uns außerordentlich fasziniert haben – das könnt Ihr alles im Teil 1 meines Reiseberichts „Semana Santa in al-Andalus الأندلس – Karwoche in Andalusien“ nachlesen.

Spanien: Semana Santa in al-Andalus الأندلس – Karwoche in Andalusien

 

Zuletzt sind wir von von Baeza aus weitere 1½ Stunden durch endlose Olivenplantagen bis nach Córdoba gefahren, wo wir am Nachmittag ankommen.

Córdoba

Die Stadt Córdoba ist bzgl. des Autofahrens nach Granada die nächste Herausforderung – die Straßen liegen so nahe nebeneinander, dass unser Navi ganz konfus wird und bald genauso wenig weiß wie wir, wo wir eigentlich tatsächlich sind und ob wir durch eine Fußgängerzone oder entgegen einer Einbahnstraße oder sogar beides fahren. Durch kleine und kleinste Straßen gelangen wir dann schließlich zu unserem Eurostars-Hotel „Patios de Córdoba„, das mehr oder weniger in der Altstadt liegt. Nach dem Ausladen bringen wir unser Auto in ein „nahes“ Parkhaus, wo es bis zur Abreise stehen bleibt, denn hier kann man natürlich alles sehr gut und viel angenehmer zu Fuß erkunden.

Innenliegender Hof (Patio) unseres Hotels, wo wir frühstücken [Bild REM]

Zahlreiche Orangenbäume spenden Schatten im geschützten Hotelgarten [Bild REM]

Córdoba ist heute mit über 300.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt Andalusiens und war zur Zeit der Mauren zeitweilig das Zentrum von Regierung und Gelehrsamkeit auf der Iberischen Halbinsel und eine der größten Städte der damaligen Welt! Die Stadt wurde im Jahre 711 – genauso wie Granada – durch die Mauren (muslimische Berber aus Nordafrika) von den Westgoten erobert und war dann zeitweise Sitz der Statthalter von al-Andalus und ab 756 die Hauptstadt des Emirats von Córdoba. Im 9. Jahrhundert wirkten hier berühmte muslimische Universalgelehrte, wie Averroes (Ibn Rushid) oder Maimonides, der das Vorbild für Lessings „Nathan der Weise“ war. Im 10. Jahrhundert wurde das Kalifat von Córdoba errichtet, das lange große Teile der Iberischen Halbinsel beherrschte. In dieser Zeit lebten über 100.000 Menschen in Córdoba; die Straßen waren gepflastert, nachts beleuchtet, es gab sogar fließendes Wasser. Christen, Juden und Muslime lebten meistens friedlich miteinander und ihre jeweiligen Kulturen ergänzten sich in vielerlei Hinsicht.

Nach dem Untergang des Kalifats gehörte Córdoba zu wechselnden maurischen Herrschaften, um dann im Rahmen der Reconquista 1236 von christlichen Truppen des kastilischen Königs Fernando III. zurückerobert zu werden. Im folgenden Grenzkrieg war sie ein christlicher Militärstützpunkt gegen das muslimische Emirat von Granada, das noch weitere 250 Jahre (!) bis 1492 existierte. Der Übergang Córdobas unter christliche Kontrolle beschleunigte den wirtschaftlichen Niedergang der Stadt. 1589 wurde sie zudem von einem heftigen Erdbeben heimgesucht. Heute ist Córdoba vierfach in der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes enthalten: Die Kathedralmoschee, die Ruinenstadt Medina Azahara, die gesamte Altstadt und das Festival de los Patios, von allen wird weiter unten die Rede sein.

Wir machen uns bald auf, um die Mezquita-Catedral (Kathedralmoschee; Mezquita ist spanisch für Moschee) zu sehen, die ja der ursprüngliche Anlass unserer gesamten Reise war. Im Jahr 784 wurde mit dem Bau der Moschee unter dem Emir Abd al-Rahman I. begonnen. Córdoba verwandelte sich aus einer Provinzstadt in eine prächtige Metropole und unumstrittene Kapitale des Kalifats von Córdoba, deren Bevölkerung durch steten Zuzug unaufhaltsam wuchs, so dass die Moschee in diversen Bauabschnitten mehrmals verdoppelt wurde, um die zahlreicher werdenden Gläubigen aufnehmen zu können.

Zunächst betreten wir den Innenhof des Bauwerks, der von zahlreichen Orangenbäumchen bewachsen ist (Patio de los Naranjos) und bewundern den riesengroßen, alleinstehenden Kirchturm, dessen urspgl. Funktion als Minarett nach wie vor zu erkennen ist. Dann begeben wir uns ins Innere der Kathedralmoschee und haben gleich das Gefühl, in einer Moschee zu stehen, die von mehr als 800 Bögen aus Marmor und Granit geprägt ist. Erst als wir weitergehen, gelangen wir in den Bereich, der mitten in der Moschee in eine christliche Kirche (Kathedrale) umfunktioniert wurde (siehe nachstehende schematische Darstellung). Je nachdem in welche Richtung man sich wendet, sieht man entweder eine Kirche oder eine Moschee – das ist frappierend und einmalig in der Welt!

Der Kirchturm, der urspgl. als Minarett gebaute wurde [Bild REM]

Bereich mit reinem Moschee-Charakter [Bild REM]

Schematische Darstellung der Kathedralmoschee [Bild REM]

Nach der Eroberung Córdobas durch den christlichen König Fernando III. von Kastilien wurde die Moschee im selben Jahr „zu Ehren der Mutter Gottes“ als Kirche geweiht und das Minarett mit einem Kreuz versehen. Auch die auf ihn folgenden Könige veranlassten bauliche Ergänzungen des nunmehrigen Gotteshauses. 1523 begann der entscheidende Umbau durch den Einbau eines gotischen Kirchenschiffs gegen den energischen Widerstand des Stadtrates von Córdoba, aber mit Billigung des Habsburger Kaisers Karl V. ( „In meinem Reich geht die Sonne niemals unter.“ ). Hierbei wurden im mittleren Teil die Säulen entfernt, um Platz für ein Kirchengebäude zu schaffen. Es wurde 1607 vollendet und zeitgleich wurde zudem das Minarett zu einem Glockenturm umgebaut.

„Gemischter Bereich“ mit Moschee- und Kirchencharakter [Bild REM]

In der Mitte sieht man ausschließlich den Bereich der Kathedrale [Bild REM]

Bei einem Besuch der Baustelle in Córdoba soll Kaiser Karl V. 1526 laut einem überlieferten Zeugnis gesagt haben: „Ich wusste nicht, um was es sich hier handelt. Denn wenn ich es gewusst hätte, hätte ich nicht erlaubt, dass man Hand an das alte Gebäude legt. Denn ihr erbaut, was es andernorts schon gibt, und habt dafür etwas zerstört, was einmalig in der Welt war.

Außenansicht des monumentalen Bauwerks der Kathedralmoschee [Bild REM]

Neben der Kathedralmoschee gibt es zahlreiche weitere, sehr interessante Bauwerke in Córdoba, das vom Rio Guadalquivir durchquert wird. Der Guadalquivir ist der einzige schiffbare Fluss Spaniens und entspringt in der Provinz Jaen (s. Teil 1 dieses Reiseberichts). Heutzutage ist er von der Mündung in den Atlantik bis Sevilla sogar für Hochseeschiffe befahrbar. Zu Zeiten der Römer war er noch weiter bis Córdoba schiffbar; heute ist der Fluss hier versandet und von zahlreichen Wasserpflanzen bewachsen, die ihn mitten in der Stadt fast wie ein Bio-Refugium wirken lassen.

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Rio Guadalquivir mitten in Córdoba, im Hintergrund die Kathedralmoschee [Bild REM]

Über den Guadalquivir führt die Puente Romano, heute eine Fußgängerbrücke, die die Römer wahrscheinlich bereits zu Zeiten von Kaiser Augustus bauten und die noch heute nach 2000 Jahren ihre Dienste leistet. (Die berühmte Köhlbrandbrücke in Hamburg wurde 1974 in Dienst gestellt und soll nunmehr nach gerade 50 Jahren durch einen Neubau ersetzt werden!) Man betritt die Brücke über den Triumphbogen Arco del Triunfo und auf der anderen Seite der Brücke erreicht man den Turm Torre de la Calahorra.

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Die alte römische Brücke Puente Romano über den Rio Guadalquivir [Bild REM]

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Triumphbogen Arco del Triunfo auf der Nordseite der Puente Romano [Bild REM]

Puente Romano über den Guadalquivir mit Blick auf die Kathedralmoschee [Bild REM]

Wir streifen dann durch die zahlreichen engen Gassen, besichtigen einige der berühmten Patios (Innenhöfe in nordafrikanischer Tradition), zu deren Ehren jedes Jahr Anfang Mai die Fiesta de los Patios stattfindet, zu der dutzende, auch private, Patios besucht werden können. Auch gelangen wir an den über 5000 m² großen ehemaligen Stierkampfplatz Plaza de la Corredera, der mit vielen Tischen und Stühlen der Restaurants und Bars zum Verweilen einlädt.

Pferdekalesche im Zentrum von Córdoba [Bild REM]

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Der ehemaligen Stierkampfplatz Plaza de la Corredera [Bild REM]

Wir schauen immer, nach Möglichkeit ein Restaurant zum Abendessen zu finden, das mit einem runden, roten „Guide Michelin„-Aufkleber am Eingang gekennzeichnet ist. (Dieser „Bib Gourmand“ ist eine begehrte Auszeichnung von Michelin, die für ein ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis steht.) Das sind also keine Sterne-Restaurants, sondern sie wurden für ihre hervorragende Qualität und Authenzität ausgezeichnet. In der „Taberna Salinas“ finden wir auch heute Abend etwas Geeignetes und genießen neben Salmorejo auch Rabo de Toro (Ochsenschwanz), zwei typische andalusische Gerichte, die uns sehr gut schmecken.

Beim Durchstreifen Córdobas am nächsten Tag gelangen wir auch an die Ruinen (Säulen) des sogenannten Templo romano sowie an die barocke Fassade der aus dem 13. Jahrhundert stammenden Iglesia San Pablo, der wir einen längeren Besuch zollen. Auf den sehr engen Straßen sind immer wieder pferdegezogene Kaleschen recht flott unterwegs, denen man tunlichst aus dem Wege geht, um nicht im wahrsten Sinne des Wortes unter die Räder zu kommen. Unser Interesse zieht dann einer der traditionellen Schusterläden an, in dem wir einige Paare handgefertigter Lederschuhe in hervorragender Qualität erstehen, die sich sehr bewähren und uns einige Jahre lang gute Dienste leisten werden.

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Die wiederentdeckten antiken Säulen des sogen. Templo Romano [Bild REM]

Barockportal der Iglesia San Pablo [Bild REM]

Medina Azahara

Am nächsten Tag benötigen wir einige Zeit, um den öffentlichen Bus zu finden, der uns zu der berühmten Ruinenstadt Medina Azahara fährt, die etwas außerhalb Córdobas liegt. Dabei handelt es sich um eine ehemalige Palastanlage, die im Jahr 936 von dem umayyadischen Kalifen von Córdoba in Auftrag gegeben und einer seiner Konkubinen gewidmet war. Sie befindet sich auf einem Gebirgsausläufer oberhalb des fruchtbaren Guadalquivir-Tals und ist entgegen der üblichen labyrinthischen Bauweise islamischer Städte total rechtwinklig angelegt. Die Anlage ist in Terrassen gegliedert, wobei die oberste die des Kalifen war, darunter lagen die Verwaltungsbereiche (Haus des Wesirs, Leibgarde, Gärten etc.). Und eine Ebene tiefer lag die eigentliche Stadt mit Wohnhäusern, Werkstätten und der Hauptmoschee.

Wir begehen die Ruinenstadt von oben nach unten und haben zudem einen herrlichen Blick auf die umgebende Landschaft. Viele Bereiche der Stadt sind sehr zerstört und trotz der erheblichen Bemühungen zur Restaurierung sind nicht mehr als vielleicht 20% wieder aufgebaut. Aber diese beflügeln unsere Phantasie, wie diese Stadt vor rund 1000 Jahren wohl ausgesehen haben mag.

Teilansicht der 1500×700 m großen Ruinenstadt [Bild REM]

Bereich der Verwaltungsstadt mit teilweise restaurierten Arkaden [Bild REM]

Rekonstruierter Teil des riesigen Eingangsbereiches [Bild REM]

Trotz der eingesetzten, hochwertigen und dauerhaften Materialien bestand Medina Azahara nur ein knappes Jahrhundert, da sie bereits im Jahr 1010 erobert und bereits wenige Jahre später zerstört wurde, als Folge eines Bürgerkrieges, der das Kalifat von Córdoba dem Untergang weihte. In den darauffolgenden Jahrhunderten setzte sich die Plünderung fort und die Reste wurden als Steinbruch für andere Bauten verwendet. 2018 wurde Medina Azahara in das UNESCO-Weltkulturerbe eingeschrieben und wird seitdem stetig restauriert. Nach der Stadt hat sich übrigens auch die populäre spanische Band gleichen Namens benannt, die „Rock andaluz“ performt. Der Erfolg in Spanien setzte mit dem sehr typischen Song „Paseando por la mezquita“ (deutsch: „Spaziergang durch die Moschee“ ) ein. [Medina Azahara – Web Oficial]

Unser Sohn, der für die Feiertage nachgekommen ist, muss abends wieder nach Málaga zurück, um von dort nach London zu fliegen. Wie er uns später berichtet, gelangt er mit einem superschnellen Expresszug innerhalb kürzester Zeit sehr bequem nach Málaga und erreicht dort pünktlich seinen Flieger.

Carmona

Nach diesen interessanten Tagen in Córdoba fahren wir weiter in Richtung Sevilla, das ca. 140 km Richtung Westen liegt. Leider ist das Wetter nicht so, wie man es sich in Andalusien vorstellt, aber der richtige Landregen, der uns nahezu die ganze Fahrt begleitet, ist für die Landwirtschaft Andalusiens mit Sicherheit ein großer Segen. Wir machen dann einen Zwischenstopp in Carmona, das bereits in der Provinz Sevilla liegt.

Der kleine Ort ist zwar sehr nett und durch römische sowie maurische Bauten geprägt, leider regnet es so stark, dass wir nur mit Regenschirm bewaffnet von Ecke zu Ecke springen können und schließlich in einem einfachen, aber guten Restaurant gemeinsam mit den örtlichen Handwerkern ein schmackhaftes Tagesmenü zu uns nehmen.

Das ehemalige Stadttor „Puerta de Sevilla“ mit Ursprüngen aus dem 3. Jh. vor Chr. [Bild REM]

Die Arkaden des Marktplatzes, aufgrund des strömenden Regens leider menschenleer [Bild REM]

Sevilla

Es sind von Carmona aus nur noch 35 km bis Sevilla, an dessen Stadtrand wir dann bald ankommen. Glücklicherweise scheint sich das Wetter etwas zu bessern. Nachdem Granada und Córdoba bereits herausfordernd waren bzgl. der Suche nach unserem Hotel, schießt Sevilla hierbei den Vogel ab! Die viertgrößte Stadt Spaniens und Hauptstadt der autonomen Provinz Andalusien mit fast 700.000 Einwohnern und einer riesengroßen Altstadt, in deren Gassengewirr sich irgendwo unser Hotel befinden muss, verlangt viel von uns. Glücklicherweise haben wir als Mietauto nur einen kleinen SEAT und das Google-Navi unseres Handys wird perfekt auf den Bildschirm unseres Autos übertragen; trotzdem brauchen wir ewig bis wir unser wunderbares One Shot Hotel „Palacio de Torrejón“ finden und dort ein herrliches Zimmer mit Fenstern zur ruhigen Straße erhalten. Unser Auto stellen wir dann wieder für die gesamten Tage in Sevilla in der „nahen“ Parkgarage des Kaufhauses „Corte Inglés“ unter. Jetzt können wir uns der Stadt mit allen Sinnen widmen…

Ganz in der Nähe unseres Hotels gibt es sehr zahlreiche Cafés, Bars und Restaurants, wo wir gleich am ersten Abend wieder hervorragend essen (und trinken).

Unser Frühstück nehmen wir in diesem wunderschönen Patio unseres Hotels „Palacio de Torrejón“ zu uns [Bild REM]

Am nächsten Morgen machen wir zunächst eine Rundfahrt durch die ganze Stadt mit dem offenen Hop-on-hop-off-Bus, denn das Wetter ist tatsächlich super und wir sitzen oben im Freien! Beim Start treffen wir wieder auf den Rio Guadalquivir, der hier – im Gegensatz zu Córdoba – ein stattlicher Fluss ist, der nicht nur von Ozeanschiffen befahren wird, sondern wo wir auch zahlreiche Ruderboote beim Training beobachten, die mich besonders erfreuen!

Ruderer im Skiff auf dem Rio Guadalquivir [Bild REM]

Der Rio Guadalquivir im Zentrum von Sevilla [Bild REM]

Die Bustour führt uns durch viele interessante Quartiere der Stadt, die ich hier nicht alle beschreiben will. Sevilla war bereits zweimal (1929 und 1992) Gastgeber der Weltausstellung EXPO. Während letztere zwar eine deutliche Verbesserung der Infrastruktur erreichte, hinterließ sie eine hohe Verschuldung und viele Bauten wurden hinterher abgerissen oder stehen jetzt leer. Parallel zur Weltausstellung von 1929 in Barcelona wurde in Sevilla die „Exposición Ibero-Americana“ (Iberoamerikanische Ausstellung) veranstaltet, bei der sich jedoch ausschließlich die lateinamerikanischen Staaten sowie die USA, Portugal, Marokko und Guinea präsentierten. Auf dem Ausstellungsgelände wurden 117 Gebäude errichtet, von denen noch heute 25 erhalten sind, insbesondere um den im neoklassizistischen Stil erbauten Plaza de España. Darauf ist Sevilla noch heute zu Recht sehr stolz und unsere Tour widmet sich diesen Gebäuden sehr intensiv.

Stele der „Exposición Ibero-Americana“ von 1929 in der Nähe des Plaza de España [Bild REM]

Mudéjar Pavillon, heute „Museum für Volkskunst und Bräuche“ [Bild REM]

Anschließend erkunden wir per pedes das Zentrum Sevillas, wo insbesondere die offiziell „Metropol Parasol“ genannte, dachartige Hybridkonstruktion aus Holz, Beton und Stahl unser Interesse weckt. Diese wurde von 2004 bis 2011 auf der Plaza de la Encarnación errichtet, an der Stelle einer früheren Markthalle von 1842. Das Bauwerk mit organischen Strukturen wurde durch den deutschen Architekten Jürgen H. Mayer entworfen, der dafür sogar mit dem Red Dot Award ausgezeichnet wurde, einem Design-Preis, den insbesondere meine Frau sehr schätzt. Das neue Wahrzeichen von Sevilla hat eine Länge von 150 Metern, eine Breite von 70 Metern und eine Höhe von 26 Metern und gilt als größtes Holzbauwerk der Welt! In Sevilla wird die Konstruktion gerne als „Las Setas“ (Die Pilze) bezeichnet.

Die berühmte Konstruktion „Las Setas“ aus Holz, Beton und Stahl, die wir in luftiger Höhe begehen [Bild REM]

Ein weiteres Highlight ist die berühmte Kathedrale von Sevilla, die seit 1987 als UNESCO-Weltkulturerbestätte ausgezeichnet ist und jährlich über 2 Mio. Besucher anzieht. Sie wurde ab 1401 an der Stelle errichtet, die nach dem Abriss der alten Aljama-Moschee verfügbar war, die nach der Rückeroberung 150 Jahre als Kathedrale gedient hatte. Von der alten Moschee sind lediglich das ehemalige Minarett (die Giralda) und der Innenhof (Patio de los Naranjos) erhalten geblieben. Die Giralda hat eine Höhe von 104m und ist fast von jeder Stelle in Sevilla sichtbar. Sie wurde ursprünglich in Anlehnung an das Minarett der Koutoubia-Moschee in Marrakesch (Marokko) erbaut, obwohl der oben aufgesetzte, wunderschöne Glockenturm aus der Renaissance stammt und mit einer Marienfigur sowie großer Wetterfahne auf der Spitze ausgestattet ist. Der Name Giralda kommt übrigens von der Drehbarkeit der Figur auf der Spitze (spanisch girar heißt „drehen“). Wir steigen die sehr engen, gewundenen Stufen mit vielen anderen Besuchern bis ganz nach oben und genießen aus über 100m Höhe die Aussicht auf die gesamte Stadt Sevilla.

Blick auf die Giralda aus einer Gasse der Altstadt Sevillas. Sehr gut erkennbar sind unten das urspgl. Minarett (82m) und oben der nachträglich ergänzte christliche Glockenturm mit 32m Höhe [Bild REM]

Nachbau des Giraldillo von 1998, der sich am Tor von San Cristóbal befindet, durch die wir die Kathedrale von Sevilla betreten [Bild REM]

Blick von der Giralda auf den Patio de los Naranjos (im Vordergrund) und die die Stadt Sevilla [Bild REM]

Das Grab von Kolumbus befindet sich ebenfalls in der Kathedrale von Sevilla [Bild REM]

Nachdem Sevilla 1248 nach mehrmonatiger Belagerung im Rahmen der Reconquista von Fernando III. von Kastilien erobert wurde und seitdem im Besitz der christlichen Spanier blieb, sank die Wirtschaftskraft erheblich, weil mit der Zeit ca. 300.000 Mauren in die muslimischen Gebiete nach Granada und Nordafrika auswanderten. Pedro I. ließ 1363 schließlich maurische Handwerker aus dem weiterhin maurischen Granada kommen (!), die den Alcázar-Palast im maurischen Stil erbauten, den wir am nächsten Tag besuchen und der ebenfalls zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt.

Der Alcázar de Sevilla ist der mittelalterliche Königspalast von Sevilla. Die Anlage hat eine lange, bis in maurische Zeit zurückreichende Baugeschichte und wird bis heute von der spanischen Königsfamilie als offizielle Residenz genutzt (neben Madrid, Barcelona und Palma de Mallorca), wenn sie sich in Sevilla aufhält. Der Palast ist eines der am besten erhaltenen Beispiele für die Mudéjar-Architektur, d.h. die unter christlicher Herrschaft entstandenen Bauten unter starkem islamischen Einfluss.

Eine der zahlreichen Kaleschen Sevillas, die uns auf dem Weg zum Alcázar begegnen [Bild REM]

Salón de Embajadores [Bild REM]

Patio de las Doncellas [Bild REM]

Blick in die wunderschön angelegten und gepflegten Parkanlagen des Alcázar-Palastes [Bild REM]

Internationale wirtschaftliche Bedeutung erhielt Sevilla im 16. und 17. Jahrhundert, als es der Hauptumschlagplatz des spanischen Seehandels war, denn in dieser Zeit besaß der Hafen von Sevilla das Monopol über den außerordentlich wichtigen Handel mit Übersee. Amerigo Vespucci (der weite Teile der Ostküste Südamerikas erforschte und als erster erkannte, dass es sich dabei nicht um Asien, sondern um einen neuen, in Europa bis dahin völlig unbekannten Kontinent handelte, der später nach ihm „Amerika“ benannt wurde) und Ferdinand Magellan (der die erste historisch belegte Weltumsegelung initiierte, aber sie selbst nicht überlebte und dessen Expedition den letzten, praktischen Beweis für Kugelgestalt der Erde erbrachte) planten und starteten hier ihre Entdeckungsreisen! In der ehemaligen Börse von Sevilla, der Casa Lonja de Mercaderes, ist bis heute das Indienarchiv (drittes UNESCO-Welterbe in Sevilla) untergebracht, das Millionen Dokumente sowie Karten und Zeichnungen, die hauptsächlich von den für die Administration der überseeischen Gebiete zuständigen Stellen stammen, noch heute verwaltet.

Mittags essen wir ganz hervorragend in einem wunderschönen Restaurant mit Blick auf den Rio Guadalquivir sowie den zwölfeckiger Turm Torre del Oro („Goldturm“) [Bild REM]

Die Giralda ist auch von dieser Stelle aus nicht zu übersehen [Bild REM]

Überall gibt es herrliche, appetitanregende Stände mit Obst und Gemüse [Bild REM]

Bei dem lokalen Künstler Balcris erstehen wir diesen stilisierten Stierkopf, der seither unseren Hauszugang (erfolgreich) bewacht [Bild REM]

Ronda

Unsere schöne Reise neigt sich leider langsam dem Ende zu. Von Sevilla aus fahren in Richtung Süden durch teilweise sehr einsame und sehr trockene Gebirgslandschaften und kommen schließlich nach rund 150 km in Ronda an, wo die herausfordernde Parkplatzsuche wieder losgeht. Allerdings müssen wir kein Hotel mehr suchen, da wir heute noch nach Málaga zurückfahren werden. Ronda gehört zu den Pueblos Blancos (weißen Dörfer), die in Andalusien eine besondere Attraktion sind. Es handelt sich um kleine Dörfer oder Städte, in denen alle Häuser seit Jahrhunderten weiß gekalkt werden, was jährlich aufgefrischt wird. Häufig werden sie von einer Burg oder einer großen Kirche beherrscht.

Ronda ist dabei etwas Besonderes, nicht weil es mit 33.000 Einwohnern eines der größten weißen Dörfer ist, sondern da der Ort durch die Schlucht El Tajo förmlich zerschnitten wird. Verbunden werden beide Ortsteile durch die 98m hohe Brücke Puente Nuevo, die zu begehen sich nicht jeder traut! Seine ungewöhnliche Lage macht Ronda bekannt und der Stierkampf macht es berühmt! Hier steht eine der ältesten Stierkampfarenen Spaniens (und der Welt) und im 18./19. Jahrhundert entwickelten hier drei Generationen von Mitgliedern der Familie Romero jene Regeln, nach denen auch heute noch gekämpft wird – vom Gebrauch des Tuches, dem Kampf des Toreros nicht mehr zu Pferd, sondern zu Fuß, bis hin zu Stil und Posen – bekannt als Escuela Rondeña („Ronda-Schule“).

Ronda hatte viele berühmter Besucher, unter ihnen Rainer Maria Rilke, Ernest Hemingway oder Orson Welles, die alle Erfahrungen aus Ronda in ihre Werke einfließen ließen. Heute besteht die Möglichkeit, an waghalsigen Klettertouren in der Schlucht unter sachkundiger Führung teilzunehmen. Darauf verzichten wir allerdings und genießen stattdessen in einem einfachen, aber guten Restaurant mit Michelins Bib-Gourmand-Auszeichnung (s.o.) eine paar wunderbare lokale Delikatessen.

Blick von einem der zahlreichen Aussichtsbalkons in die Tiefe der Schlucht [Bild REM]

Die 98m hohe Brücke Puente Nuevo über die Schlucht El Tajo [Bild REM]

Skulptur eines Stierkämpfers vor der Arena de los Torros in Ronda [Bild REM]

Zurück nach Málaga

Von Ronda müssen wir uns dann leider viel zu schnell verabschieden und fahren weiter in Richtung Málaga. Oberhalb von Marbella  haben wir eine eindrucksvolle Aussicht auf den Felsen von Gibraltar und das im Nebel liegende Atlasgebirge im Norden Marokkos. Dann kommen wir ans Mittelmeer, wo wir von zahlreichen Bausünden begleitet entlang der Costa del Sol nach Málaga zurückfahren, wo unsere eindrucksvolle Reise vor 14 Tagen startete.

Auf dem Weg von Ronda nach Málaga haben wir eine eindrucksvolle Aussicht auf den Felsen von Gibraltar (mittig) und das im Nebel liegende Atlasgebirge (links) in Afrika [Bild REM]

In der Flughafennähe geben wir unseren Mietwagen bei der etwas obskuren Station wieder ab, die uns die volle Kaution wenige Tage später zurücküberweisen wird und uns sofort zum Terminal fährt, von wo wir bald pünktlich wieder heimfliegen.

Unsere 14 Tage in Andalusien mit Schwerpunkten auf maurischer Kultur und auf christliche Semana-Santa-Prozessionen waren für uns sehr bereichernd und wir haben zudem das spanische Essen und Leben so genossen, dass wir nach der Corona-Pandemie wieder nach Andalusien gereist sind und dabei Cádiz und die Costa de la Luz (siehe meinen Reisefreak-Bericht „Costa de la Luz – Kultur, Strand und mehr„) mit ebenso großer Begeisterung besucht haben. Und das war definitiv nicht unser letzter Besuch dieser wunderschönen Region Spaniens, die wir allen Lesern nur ans Herz legen können, insbesondere wenn man das Privileg hat, außerhalb der Touristen-Saison reisen zu können.

Spanien: Costa de la Luz – Kultur, Strand und mehr

Reiseliteratur

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