Mach Urlaub in der Heimat: Die Burgenstraße von Bad Wimpfen bis zum Schloss Neuenstein

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Ich bereise die Burgenstraße, die von Mannheim nach Prag führt, von West nach Ost. Zwei Burgen mit drei Vettern am Neckar-Fluss habe ich schon besucht, nun taucht die mittelalterliche Stadt Bad Wimpfen zwischen den Baumwipfeln auf.

Es ist heiß. So heiß, dass ich es beinahe bereue, mich auf diese Tour entlang der Burgenstraße begeben zu haben. Aber wer weiß schon, was nächste Woche wird, geschweige denn in einem Monat? Irgendwann muss man sich ja auf einen Termin festlegen.

 

Burgenstraße – Meine Route im Juni 2015

 

1.) Bad Wimpfen –  ein schönes Stück Mittelalter

Schon von fern beeindruckt die markante Silhouette der einst größten Kaiserpfalz nördlich der Alpen mit den noch heute vorhandenen Bergfrieden Roter und Blauer Turm, der Pfalzkapelle, den Arkaden des staufischen Palas und dem Steinhaus.

Bad Wimpfen – ein kleines Städtchen am Neckar zwischen Heilbronn und Heidelberg – blickt auf eine lange Vergangenheit zurück. Schon die Römer siedelten am strategisch wichtigen Zusammenfluss von Kocher, Jagst und Neckar.

Jahrhunderte später errichtete Kaiser Friedrich I. Barbarossa aus dem Geschlecht der Staufer oberhalb des Neckars eine seiner Pfalzen.

 

 

Wir parken unseren Wagen direkt am hübsch plätschernden Adlerbrunnen, um den herum Eis die beliebteste Speise zu sein scheint. Kein Wunder, das Eisauto steht ja daneben – und jeder freut sich, wenn auch das Eis nur Appetit auf mehr von dem klebrigen Zeug macht.

Nach ein paar Schritten liege ich schon beinahe auf der Nase. Wer es noch nicht weiß: Ich kann ein Bein nicht so richtig benutzen und bewege mich daher mit zwei Stöcken durch die Gegend. Und wenn ich in einer fremden Umgebung bin, schaue ich erst mal diese an, anstatt auf meinen Fuß zu achten, der sich auch prompt in den unregelmäßig geformten Kopfsteinen des Pflasters verfängt.

Noch einmal gut gegangen. Aber ich bin ja lernfähig. Während meines ganzen Besuches der Stadt Bad Wimpfen schweift mein Blick nun vom Kopfsteinpflaster auf die herrlichen Fachwerkhäuser, von denen es hier nicht zu mangeln scheint.

 

 

In Bad Wimpfen scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Und Gassen, Häuser, Türme und Paläste erzählen von den Epochen, welche die Stadt schon gesehen hat. Nach der Stauferzeit wurde Wimpfen zu Beginn des 14. Jahrhunderts Reichsstadt.

Dadurch florierte der Handel, und Kaufleute und Handwerker bauten sich prachtvolle Häuser über dem Neckar.  Später schlugen die Wellen der Reformation hier hoch, im Dreißigjährigen Krieg litt die Stadt beträchtlich.

 

 

 

Erst als Wimpfen unter die Großherzöge von Hessen fiel, begann langsam eine weitere Blüte als Kurort. Noch heute schlängeln sich die engen Gässchen zwischen Fachwerkhäusern der denkmalgeschützten
Altstadt hindurch.

 

 

Mit dem Ende der Reichsstadt Wimpfen 1803 wurde die Stadt Wimpfen hessische Exklave. In den nachfolgenden Jahrzehnten bemühte sich die hessische Obrigkeit, darum Wimpfen weiterzuentwickeln.

Die erste Saline entstand und auch die Idee Wimpfen zu einem Kurort zu verwandeln. In diese Zeit fallen die zarten Anfänge der Kurbetriebe. Ein nicht ganz einfache Zeit, war doch das Verhältnis der Wimpfener Bürger zu den Kurgästen in den ersten Jahrzehnten der Kurbetriebe sehr gespalten.

Wie dies seinen Ausdruck fand, kann man mit Fräulein Osterberg von der Kur und der Wimpfener Bäuerin bei der Führung „Misthaufen trifft Wannenbad“ (siehe auch weiter unten) erleben. Bei dieser einstündigen Themenführung stoßen um 1900 die Unternehmerin und Förderin der Wimpfener Sole-Kur Auguste Osterberg und die resolute Wimpfener Bäuerin aufeinander und der Konflikt zwischen Einheimischen und der hessischen Obrigkeit wird lebendig.

 

 

Barbarossa und die Kaiserpfalz

Unter den staufischen ReiseKaisern (kein Dreckfuhler, die reisten damals wirklich von Pfalz zu Pfalz) erlangte Wimpfen im Mittelalter den Status einer Metropole. Die Majestäten  hielten über Generationen immer wieder Hoftage in der Feste oberhalb des Neckars ab.

Zuerst kam Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1122–1190): Er ließ die Marktstadt zur trutzig-wehrhaften Pfalz ausbauen, wie sie noch heute in ihrer ganzen Pracht zu bestaunen ist. Nirgendwo sonst nördlich der Alpen befindet sich eine größere Pfalz als hier.

In Wimpfen wurde Recht gesprochen, getagt, regiert und sich nicht selten liebreizender »Minne« hingegeben. Eine gute Adresse, fanden auch Barbarossas Erben:

Sein Sohn, sein Enkel und ganz besonders sein Urenkel hielten hier immer wieder Hof. Dieser, Heinrich VII., überwarf sich aber als deutscher König ausgerechnet mit seinem Vater, dem Kaiser Friedrich II., weshalb Wimpfen schon damals weltweit Schlagzeilen machte.

Vorhin schon gesehen, und immer wieder zwischen den Häusern herauslugend, der „Blaue Turm“:

 

Weithin wirkt das Wahrzeichen, imposant und trutzig: der »Blaue Turm«, Bollwerk der Staufer am nordwestlichen Eingang ihrer Kaiserpfalz, ließ die Wimpfener einst ihre Feinde schon in der Ferne erblicken.

Glücklicher Wandel der Zeit: Heute erblicken seine Freunde das Städtchen dank des Turmes schon aus der Ferne. Hinauf führen 167 Stufen, 58 Meter ragt sein seit jeher blau schimmerndes Schieferdach in den Himmel. Ihm verdankt der mehr als 800 Jahre alte Turm seinen Namen.

Nicht nur wegen meines Handicaps, sondern auch wegen der Hitze, die uns an diesem Tag ganz schön zusetzt, betrachte ich den Turm von unten und lasse mir von meinen Mitreisenden erzählen, was sich da oben tut.

Auf dem um das Dach laufenden Aussichtsrundgang schweift der Blick in die Ferne bis zum Katzenbuckel, dem höchsten Berg des Odenwaldes, und über die burgenreiche Landschaft, durch die sich erhaben der Neckar schlängelt. Gemächlich schippern die Schiffe über den Strom, still thront der Turm über Stadt und Land.

Nur nicht sonntags von Ostern bis Erntedank, da erklingen Punkt zwölf Uhr die Choräle der Turmbläser, die ein Ständchen darbieten und so die mittelalterliche Tradition der Zinkenisten fortführen.

Der Turm lebt: Deutschlands einzige Türmerin

Blanca Knodel blickt auf ihre Wimpfener Mitbewohner herab. Denn so hoch wie sie lebt hier niemand: Ihr 53-Quadrameter großes Einzimmer-Appartement liegt direkt unter dem Dach des »Blauen Turms«.

Sie ist Deutschlands einzige Türmerin. Ihre Wohnung mit der fraglos schönsten Aussicht der ganzen Stadt bewohnt  sie seit über 15 Jahren:

Wer in Bad Wimpfen aufwächst, liebt seinen Turm,

erklärt sie ihre ungewöhnliche Berufswahl. Hoch oben über der Stadt hat sie drei Kinder groß gezogen. Jetzt genießt sie dort aber ein Leben, von dem ihre Vorgänger nur träumen konnten: Whirlpool, Klavier und Stubentiger.

 

Ein stattlicher Erker an einem vorbildlich restaurierten Fachwerkhaus

 

Wer nicht nur zu Boden sieht, kann manch sinistre Fratze an den Hausfassaden erkennen

 

Ob man heute von den Uniformierten angehalten wird, wenn man in dem von Treppen durchzogenen Gässchen mit dem Schubkarren durchfahren will?

 

Durch diese hohle Gasse – kann er gehen

 

 

Auch für den Schwaben ist gesorgt: Hier kriegt er seine geliebten Maultaschen

 

Wer will, kann die Stadt alleine entdecken. Manche schätzen es, von einem im historischen Gewande gekleideten Führer die Stadt und ihre Geschichte erklärt zu bekommen.

Öffentliche Stadtführungen in Bad Wimpfen

Die Gästeführungen sind für Gruppen jederzeit möglich.  Themen sind z.B.

  • Römische Entdeckungstour
  • Stauferführung
  • Mittelalterliche Tür- und Fenstergeschichten
  • Vom Quacksalber, Bader und Medicus
  • Martha, die Kräuterfrau
  • Misthaufen trifft Wannenbad (siehe oben)
  • Nachtwächterführung

 

Eine öffentlichen Führung „Wo Kaiser und Könige Hof hielten“ findet jeden Sonntag um 14 Uhr ab Rathaus statt. Jeden ersten Sonntag im Monat parallel zur Erwachsenenführung gibt es auch eine Kinderführung.

Ab April bis Oktober findet jeden Mittwoch um 15 Uhr zusätzlich eine Stadtführung statt und jeden ersten Dienstag im Monat eine Abendführung um 19.30 Uhr.

Samstags finden unterschiedliche Erlebnisführungen statt. Nähere Information kann auf www.badwimpfen.de nachgelesen werden.

In den Kreuzgang des Klosters bietet die öffentliche Kirchenführung am 1. Montag im ungeraden Monat um 15 Uhr Einblick und eine Museumsführung durch das Reichsstädtische Museum findet immer am 2. Samstag im Monat statt.

 


 

 

2.) Schloss Neuenstein –  mit Hohenlohe-Museum

Unser nächster Halt auf der Burgenstraße ist nicht notwendigerweise der räumlich nächste. Wir haben uns ein paar Punkte der touristischen Straße herausgepickt, um die Vielfalt der Attraktionen auf der Reise zu dokumentieren.

Im Schatten von dichten hohen Bäumen suchen wir für unser Auto Schutz vor der spätvormittäglichen Glut und lassen uns von dem Guide mit weißer Mähne (leider zusammen mit einer gesprächigen Radlergruppe) durchs Schloss – und das Hohenlohe-Museum führen.

 

 

Schloss Neuenstein war zunächst  eine staufische Wasserburg der Herren von Neuenstein. Auch hier galt schon in ferner Vergangenheit: Lage, Lage und nochmals Lage. Und die passte, unweit der Fernstrasse vom Rhein über Wimpfen zur Donau.

Um 1300 kauften die Herren von Hohenlohe die Burg und nutzten sie als Wohnsitz. Nach einer Erweiterung im 15. Jahrhundert wurde sie unter Graf Ludwig Casimir von Hohenlohe ab 1560 zu einem Residenzschloss im Renaissancestil ausgebaut.

 

 

Nach Aufgabe des Schlosses um 1700 als Wohnsitz der Familie, die ihr Residenz nach Öhringen verlegte, diente das Gebäude lange Jahre verschiedenen sozialen Zwecken, bevor man 1878 mit der Einrichtung eines Museums begann.

 

Einfach überwältigend: Dieser Raum strahlt Geld und Macht aus

 

Neckische Spielereien zwischen unbekleideten Damen und Herren: Die Pinups früherer Zeiten?

 

 

Hoppla, habe ich schon wieder ein Pin-up entdeckt? Die hintern, äh, am Hintern nackte Person – was hat sie zu bedeuten? Und was haben die Zecher vor?

 

Im Innenhof: Ein ruhiger Platz – wenn die Besuchergruppen weg sind

 

Hier hat der Raumdesigner ein Späßchen gemacht: Wohl kaum möglich, dass gebrochene und wieder zusammengenagelte Deckenträger die Decke wirklich getragen hätten.

 

Seit 1946 wurde das Schloss planvoll zu einem kulturellen Zentrum ausgebaut. Herzstück des Museums ist das Kunst- und Raritätenkabinett mit Spitzenwerken der Malerei, Goldschmiedekunst und Elfenbeinschnitzerei.
Sakrale Kunstwerke der Gotik, der prachtvoll ausgestattete Rittersaal und die historischen Wohnräume, welche jeweils im Stil einer Epoche ausgestattet wurden, sind nur Beispiele für die große Spannweite dieser bedeutenden Sammlung.
Das Schloss beherbergt außerdem noch das Zentralarchiv des Hauses Hohenlohe; eines der größten deutschen Privatarchive.

 

Der Kaisersaal enthält eine umfangreiche Waffensammlung.

 

Sieht von unten aus wie ein erhängter Kormoran mit heraushängender Zunge, aber soll wohl einen Reichsadler darstellen, wenn man ihn unter einem anderen Sichtwinkel betrachtet

 

Kampfeslustig waren sie schon, die Bewohner des Schlosses. Und gar mancher verdingte sich als (hochstehender) Soldat bei bewaffneten Konflikten

 

Waffen ohne Ende, und das zu erlegende Tier gleich dazu

 

 

Eine besondere Attraktion ist die voll funktionsfähige spätmittelalterliche Schlossküche im Originalzustand aus dem Jahre 1495.

 

Was mag uns das nächste Bild sagen?

Es demonstriert uns, woher das geflügelte Wort „einen Zahn zulegen“ kommt.

Hast Du es?

Ganz einfach: In der Großküche tummeln sich viele Köche und Helfer. Der Herr des Hauses ist auf der Jagd, beim Frühschoppen oder einem Meeting. Was man halt so macht als Herr.

Die Tür wird aufgerissen, und ein Bote stürmt in die Küche:

Der Herr kommt in ca. einer viertel Stunde

Nun wird es für den Koch Zeit, einen Zahn zuzulegen. Was bedeutet, dass er die im Vordergrund sichtbare Pfanne einen Zahn (oder mehrere) Richtung Feuer rückt – und somit das Essen schneller warm bzw. gar wird.

Wieder was dazu gelernt!

 

 

Außenansicht des imposanten Schlosses Neuenstein

 

 

Wir haben gelernt, wie Bürger und Hoheiten in Mittelalter und Renaissance lebten:

In der Reichsstadt Wimpfen, heute BAD Wimpfen, und im Schloss Neuenstein.

Nun ziehen wir weiter auf der Burgenstraße.

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Dieser Beitrag konnte deswegen entstehen, weil ich von der Burgenstraße unterstützt wurde. Dafür sei allen Mit- und Zuarbeitern gedankt. Meine Meinung bleibt aber die Meine.

 

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