Thüringen: von Eisenach (Bach, Luther, Wartburg) bis zum Urwald Hainich
Translation with Google
Autor: | Wolfgang Brugger |
Reisezeit: | März 2023 |
Art der Reise: | Pressereise |
Lesezeit: | 13 Minuten |
Unsere Pressereise nach Thüringen steht unter dem Motto
„Natur. Kultur. Tradition. – UNESCO-Welterbe in Thüringen“
Thüringen ist Goethe und Schiller. Thüringen ist wandern auf den Urwaldpfaden des Nationalpark Hainich. Thüringen ist die Wiege der Thüringer Bratwurst und nirgendwo anders auf der Welt schmeckt sie besser als hier – mit Thüringer Bier. Thüringen bietet viele besondere Natur- und Kulturerlebnisse, die zum UNESCO-Welterbe gehören und Traditionen mit Überraschungseffekt. Auf dieser Pressereise sehen wir sowohl die beeindruckenden, historischen UNESCO-Welterbestätten in und um Weimar und die Wartburg in Eisenach.
Nicht zu vergessen Geheimtipps rund um das traditionelle Thüringer Handwerk und Kulinarik. Tauche ein in das mittelalterliche, jüdische Erbe der Stadt Erfurt, lass Dich von Gartenzwergen und Brunnenkresse inspirieren und von der Flugshow der Falknerei am Rennsteig mitreißen.
Heute berichte ich von Sehenswürdigkeiten in Eisenach. Die Stadt ist bestens ans Netz der Deutschen Bahn angebunden. Wir reisen zunächst mit der Donautalbahn von Dillingen nach Ingolstadt, um dort in den ICE Richtung Berlin einzusteigen. Ohne weiteres Umsteigen kommen wir pünktlich in Eisenach an.
Dort nehmen wir, weil es noch recht zugig (die letzten Wehen des Winters) ist, für einige Haltestellen den Stadtbus und sind schon in wenigen Minuten zu Fuß am Bachhaus. Von dort ist es wiederum nur ein kurzes Fußmarsch zum Lutherhaus und Marktplatz, wo wir die erste Thüringer Bratwurst der Saison essen. Original mundet sie immer noch am besten!
Die Welterbeliste der UNESCO enthält Stätten, die aufgrund ihres historischen oder natürlichen Wertes als außergewöhnlich wichtig für die Menschheits- und Naturgeschichte gelten. Das Programm ist das bekannteste und erfolgreichste der UNESCO und basiert auf der Welterbekonvention von 1972. Über 1.000 Stätten weltweit sind auf der Liste verzeichnet, 190 Staaten haben die Konvention ratifiziert. Staaten, die den Welterbetitel erhalten, sind verpflichtet, die Stätten zu schützen und für künftige Generationen zu erhalten. Deutschland hat 51 Welterbestätten und gehört damit zu den Staaten mit den meisten Welterbestätten weltweit.
Das Bachhaus Eisenach ist Teil des Ensembles „Bachhaus und Lutherhaus in Eisenach“ und steht seit 1999 auf der Tentativliste (Vorschlagsliste) Deutschlands für eine mögliche Nominierung als UNESCO-Welterbe. Die Entscheidung über eine mögliche Aufnahme auf die Welterbeliste steht jedoch noch aus. Die Wartburg hingegen wurde schon 1999 als ein hervorragendes Denkmal der feudalen Epoche in Mitteleuropa in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen
„Klangkörper“ Bachhaus Eisenach
Das älteste und größte Bach-Museum steht in der Geburtsstatt von J.S. Bach. Jede Stunde erklingt Bachs Musik live, vorgeführt auf historischen Originalinstrumenten der Bach-Zeit – das ist weltweit einmalig.
In Eisenach wurde am 21. März 1685 der berühmteste Komponist der Welt geboren: Johann Sebastian Bach. Zehn Jahre wuchs er hier auf, sang im Chorus Musicus der Georgenkirche und erhielt in der Lateinschule, dem heutigen MartinLuther-Gymnasium, den ersten Musikunterricht.
Heute ist das Bachhaus Eisenach die erste Adresse für Bach-Verehrer aus der ganzen Welt. Auf 600 qm zeigt es über 300 Originalobjekte zu Bachs Leben und Musik.
Eröffnung des Bachhauses, 27. Mai 1907: Seit der Eröffnung 1907 steht das Bachhaus im Eigentum der internationalen Neuen Bachgesellschaft. Bei dem „Bachhaus“ handelte es sich ursprünglich um zwei getrennte Häuser, die 1456 und 1458 kurz nacheinander errichtet wurden. Beide Häuser wurden um 1611 zu einem Gebäude verbunden.
Wie bei den „Ackerbürgerhäusern“ jener Zeit üblich, wurde das Erdgeschoss landwirtschaftlich genutzt: Der heutige Instrumentensaal kann als Scheune, der Raum neben der Treppe für Vieh und Pferde und der Durchgang als Torweg gedient haben. Da die Besitzer um 1700 Braugeld zahlten, dürfte der Keller zum Lagern des „Haußtruncks“ (einem Lagerbier) gedient haben. Die Wohnräume des Hauses befanden sich im Obergeschoss. Die Lage der Küche und der Wohnstube – der aufgrund ihrer Holzeinschalung sogenannten Bohlenstube – sind unverändert.
Seit 2007 erweitert ein Neubau die Ausstellung des Bachhauses um mehr als das Doppelte. Der Architekt war Prof. Berthold Penkhues (Kassel), ein Schüler von Frank O. Gehry. Mit seinem Entwurf gewann er 2003 den ersten Preis eines Architektenwettbewerbs. Der Neubau zum 100-jährigen Bestehen des Bachhauses wurde gefördert von der Europäischen Union, der Bundesrepublik Deutschland und dem Freistaat Thüringen. Die Fassade besteht aus heimischem Muschelkalk. Die Ausstellung im Innern verbindet wertvolle Exponate, Multimedia-Kunst und individuelle Hörmöglichkeiten zu einer erlebnisreichen Darstellung der Musik Bachs. Das (alte) Bachhaus ist naturgemäß nicht barrierefrei zugänglich, da sich, wie so oft, Denkmalschutz und Barrierefreiheit entgegen stehen. Siehe auch Link unten „Bachhaus virtuell barrierefrei besuchen“. Der Neubau ist barrierefrei.
Das Alte Testament der Klavierspieler
Dem 300-jährigen Jubiläum von Bachs musikgeschichtlich wohl einflussreichstem Werk widmet das Bachhaus Eisenach eine Kabinett-Ausstellung.
„Verfertiget von Johann Sebastian Bach […] 1722″,
steht unter Bachs wohl bedeutendstem Werk. Das „Wohltemperierte Clavier“ feierte 2022 sein 300-jähriges Jubiläum. Strenggenommen gilt das nur für seinen ersten Teil, denn 20 Jahre später verfasste Bach noch einen zweiten, der noch einmal 48 Präludien und Fugen in allen 24 Dur- und Moll-Tonarten enthielt. Begonnen haben soll Bach das Werk, glaubt man dem Bericht des Musiklexikographen Ernst Ludwig Gerber,
„an einem Orte, wo ihm Unmuth, lange Weile und Mangel an jeder Art von musikalischen Instrumenten diesen Zeitvertreib abnöthigte“.
Dafür kommt am ehesten eine Zeit in Bachs Leben in Betracht: Bachs vierwöchiger Arrest in einer Weimarer Gefängniszelle. Zunächst als Unterrichtsmaterial gedacht, verbreitete es sich nach Bachs Tod durch zahlreiche Abschriften. 1801 lieferten sich drei Verlage einen regelrechten Wettlauf um den Erstdruck. Komponisten der Klassik und Romantik wie Mozart, Beethoven, Mendelssohn, Schumann, Liszt und Chopin studierten es in ihrer Jugend, griffen Bachs Ideen in eigenen Werken auf und verwendeten es ihrerseits wieder bei ihren Schülern.
Der Pianist und Komponist Hans von Bülow nannte es gar „das Alte Testament des Klavierspielers“. Keine Komposition dürfte die heutige abendländische Vorstellung von Geschlossenheit der Tonarten so sehr beeinflusst haben, wie dieses Werk, meint der Direktor des Bachhauses, Jörg Hansen. In der zweiteiligen Ausstellung im Bachhaus geht es zunächst um das Problem der Stimmung, denn auf den Tasteninstrumenten der Bach-Zeit waren gewöhnlich – das heißt in der damals üblichen mitteltönigen Stimmung nur 14 Tonarten halbwegs spielbar. Alle anderen klangen schief.
1691 waren aber durch den erst Quedlinburger, dann Halberstädter Organisten Andreas Werckmeister neue Stimmungen vorgeschlagen worden, die dieser „wohltemperiert“ nannte, und in denen alle Tonarten spielbar waren. Die Idee, für alle Tonarten zu komponieren, war somit nicht ganz neu, doch erst Bach lieferte einen Satz brillanter Kompositionen für alle Tonarten, die dieser Idee zum Durchbruch verhalf. Diesen Kompositionen widmet sich der zweite, in Anspielung an Gerbers Bericht zellenartig eingerichtete Raum der Ausstellung, in der alle 24 Präludien sowie mehrere Fugen des ersten Teils in Referenzeinspielungen angehört werden können.
So wie diese Wohnstube kann man sich Bachs gleichgroße „Componir-Stube“ in der Leipziger Thomasschule vorstellen: In einem Holzschrank fanden sich Stöße von Papier und aufbewahrtes Musikmaterial. An seinem Schreibtisch komponierte Bach, ohne zunächst irgendein Instrument zu benutzen. Das Papier versah er mithilfe eines Rastrals (einer Fünffachfeder) selbst mit Notenlinien. Die Rabenkiele wurden mit einem Messer angespitzt – es diente auch zum Abschaben von Fehlern. Die schwarze, dunkelbraune und rote Tinte wurde aus Tintenpulver gemischt.
Eine Streudose mit feinem Sand diente zum Ablöschen. Auf einem Clavichord probierte Bach dann seine Kompositionen aus. Dieser Wohnraum im alten Bachhaus ist denkmalpflegerisch besonders wertvoll, denn es handelt sich um eine gut erhaltene sogenannte „Bohlenstube“:
Unter dem Gipsputz der Wände befindet sich eine Holztäfelung, die den Raum besonders gegen Kälte isoliert. Da der Raum auskragt, blickt man aus dem kleinen Fenster rechts genau auf die Eingangstür des Bachhauses. Der rechts von diesem Fenster eingebaute Schrank mag zur Bach-Zeit als Schnapsversteck gedient haben.
Lutherhaus Eisenach – authentischer Lutherort, einzigartiges Kulturerbe und innovatives Museum
Erkunde mit mir eines der ältesten und schönsten Fachwerkhäuser Thüringens auf den Spuren von Martin Luther!
Wo Martin Luther einst als Lateinschüler gewohnt hat, erwartet Dich heute ein spannendes Ensemble aus historischem Fachwerk, moderner Ausstellungsgestaltung und zeitgenössischer Kunst. Erkunde in einem der ältesten Fachwerkhäuser Thüringens die frisch überarbeitete multimediale Ausstellung über Luthers welthistorische Bibelübersetzung und entdecke die ‚Lutherstuben‘ aus dem Jahr 1356!
Luther bewohnte ein als Kavaliersgefängnis genutztes Gemach mit Stube und Kammer im ersten Obergeschoss der Vogtei. Auf dieser Etage lagen wohl auch die Wohnung des Amtmanns und eine Oberküche, aus der Luther von zwei Dienern mit Speisen versorgt wurde. Auf halber Treppe oberhalb der Stubentür existierte ein Aborterker, den Luther als Toilette nutzte.
Die Schlafkammer war von der Stube aus möglicherweise über einen schmalen Gang an der Westseite der Etage zu erreichen. Die Holzbohlenstube verfügte über zwei Fenster mit Butzenscheiben, einen Hinterladerofen und wird sicher mit Tisch, Stuhl und wohl auch einem Aufbewahrungsmöbel zweckdienlich ausgestattet gewesen sein. In dieser Stube der Wartburg nahm die Bibelübersetzung Luthers ihren Anfang.
Weitere Höhepunkte: Die Skulptur „man in a cube“ des chinesischen Künstlers Ai Weiwei und die kritische Sonderausstellung zum antisemitischen ‚Entjudungsinstitut‘, die ein wenig bekanntes Kapitel der Kirchengeschichte enthüllt. Museumspädagogische Angebote für Schüler- und Erwachsenengruppen ergänzen das Angebot.
Dauerausstellung „Luther und die Bibel“
Die zentrale, mehrfach preisgekrönte Ausstellung zu Luthers weltberühmter Bibelübersetzung: In dieser multimedialen Schau im historischen Lutherhaus erfährst Du, warum, wie und mit wem Martin Luther die Bibel übersetzte – und welche Wirkung seine Übersetzung bis heute hat. Hier warten die berühmten Lutherstuben aus dem Jahr 1356 sowie einzigartige mittelalterliche Kunstschätze, Werke von Lucas Cranach und der Taufeintrag von Johann Sebastian Bach.
Mehr dazu: Ausstellung „Luther und die Bibel“
Luther arbeitete bis zuletzt daran, die Bibel besser zu übersetzen. 1545 erschien die letzte Ausgabe, die der Reformator noch vollständig durchgesehen hatte. Doch für Luther hörte die Arbeit an der Bibel nie auf: Die letzten Änderungen wurden kurz nach seinem Tode veröffentlicht. Hätte Luther länger gelebt, dann hätte er seine Bibel wohl immer weiter verbessert. Nach seinem Tode blieb die Lutherbibel über Jahrhunderte unverändert. Sie wurde zur Grundlage des Glaubens und des Alltags für Generationen von evangelischen Christen. Die Lutherbibel wurde gepredigt, gelesen und gesungen. Kinder lernten mit ihr Lesen und Schreiben. Sie war ein unverzichtbarer Begleiter im täglichen Leben – und sie ist es für viele bis heute. Luthers Bibel, aber auch Luther selbst hat Spuren hinterlassen: In Zeugnissen des Glaubens und in ganz alltäglichen Gegenständen. Sie zeigen, welche Rolle die Lutherbibel zu verschiedenen Zeiten spielte. Und welche Bedeutung sie für die Menschen hatte, die sie herstellten, kauften und nutzten. Und die Lutherbibel selbst? Die wird seit 1892 weiterhin verbessert – wie es Luther gewollt hatte.
Luther und seine Wortschöpfungen: Immer wieder erstaunlich! Welche Worte / Redewendungen kennst Du und hast sie regelmäßig in Deinem Wortschatz?
Denkzettel
Rüstzeug
Beruf
kleingläubig
verfassen
friedfertig
Schauplatz
Stein des Anstoßes
Feuertaufe
Lästermaul
Bilderstürmer
Bluthund
Selbstverleugnung
Feuereifer
jemanden anfahren
Glaubenskampf
im Dunkeln tappen
dienstbare Geister
Schandfleck
geistreich
sein Scherflein beitragen
Hausvater
Nächstenliebe
Lückenbüßer
Winkelprediger
sein Licht unter den Scheffel stellen
Herzenslust
Gewissensbisse
Judaslohn
Ordnung
nacheifern
im Schweiße deines Angesichts
Perlen vor die Säue werfen
Langmut
jemanden auspfeifen
Morgenland
ein Buch mit sieben Siegeln
lichterloh
Richtschnur
jemandem sein Herz ausschütten
Ebenbild
Fallstrick
Bosheit
Krethi und Plethi
Sicherheit
Sündenangst
die Zähne zusammenbeißen
Verdammnis
Wortgezänk
wie Sand am Meer
aus seinem Herzen eine Mördergrube machen
gottgefällig
für immer und ewig
recht und schlecht
ein Herz und eine Seele
jemandem das Maul stopfen
auf Sand bauen
auf Herz und Nieren prüfen
jemanden auf Händen tragen
wetterwendisch
Barmherzigkeit
auf eigene Faust
Seine Hände in Unschuld waschen
deuteln
Wolf im Schafspelz
Regenrinne
Ai Weiwei – „man in a cube“
Ai Weiwei schuf die Skulptur man in a cube anlässlich des Reformationsjubiläums 2017 für die Ausstellung Luther und die Avantgarde in Wittenberg. In ihr verarbeitete der Künstler die Erfahrungen von Ungewissheit und Isolation nach seiner Verhaftung durch die chinesischen Behörden:
„Mein Werk besteht aus einem Betonkubus, der eine einzelne Gestalt in Einsamkeit birgt. Diese Gestalt zeigt mich während der 81 Tage meiner geheimen Inhaftierung im Jahr 2011.“
Die Konzentration auf Ideen und Sprache half Ai Weiwei, die Gefangenschaft zu überstehen. Die Verbindung von Freiheit, Sprache und Ideen faszinierten ihn auch an Martin Luther, den er mit man in a cube ausdrücklich würdigte.
Mit der Skulptur „man in a cube“ im Innenhof des Lutherhauses schuf der renommierte chinesische Künstler Ai Weiwei eine bedeutende künstlerische Auseinandersetzung mit dem Werk und Wirken Martin Luthers, die insbesondere auf die prägende Kraft seiner Sprache und Ideen Bezug nimmt. Besonders interessant: In dem (halbierten und daher geöffneten) Stein siehst Du die 2 Hälften einer Gestalt, für die der Künstler selbst Modell gesessen hat. Das Hirn sagt: „Ja, das sind 2 Hohlräume.“ Aber sobald Du das Kunstwerk mit Deiner Kamera abgelichtet hast – oder das Werk anderswie 2-dimensional siehst, gibt es den Hohlraum nicht mehr! In 3-D-Qualität erscheint der Künstler vor Deinen Augen.
Weitere Informationen dazu unter Ai Weiwei: „man in a cube“ im Lutherhaus Eisenach
Barrierefrei
Seit der Wiedereröffnung 2015 ist das Lutherhaus zum ersten Mal in seiner Geschichte barrierefrei zugänglich. Das Lutherhaus Eisenach wurde nach dem bundesweiten Kennzeichnungssystem „Reisen für Alle“ geprüft und zertifiziert. Ausstellungsräume, Museumsshop, die Garderobe und ein Kunden-WC sind für Besucher mit eingeschränkter Mobilität barrierefrei zugänglich.
Wartburg: Weltkultur und Weltgeschichte
Erlebe 900 Jahre Geschichte auf der wohl bekanntesten Burg Deutschlands, die seit 1999 zum UNESCO-Welterbe gehört. Natürlich ist weder die Burg noch das Hotel darunter barrierefrei.
Seit fast einem Jahrtausend thront die Wartburg auf felsiger Höhe. Ihr Gesicht veränderte sich im Laufe der Zeit, wie auch die Empfindungen ihrer Betrachter sich wandelten. Das ehrfürchtige Staunen, das unsere Vorfahren angesichts des Zeichens von Herrschaft und Macht erfüllt haben mag, ist längst abgelöst worden vom faszinierenden Ausblick und von der Bewunderung mittelalterlicher Baukunst.
Betrittst Du die Burganlage, öffnet sich Dir ein 900 Jahre altes Geschichtsbuch: die höfische Kunst des Mittelalters, das Leben und Wirken der heiligen Elisabeth, Martin Luthers Übersetzung des Neuen Testaments, das Fest der deutschen Burschenschaften und Richard Wagners romantische Oper „Tannhäuser“ – all das verleiht der Wartburg ihre besondere Anziehungskraft und ihren Reiz. In den Räumen läuft man zum Teil auf purem Fels.
Elisabethenkemenate: Sein byzantinisch wirkendes Mosaik erhielt das „Frauengemach“, auch als „Elisabeth- Kaminstuben“ überliefert, von 1902 bis 1906. Mit dem Bildprogramm ließ sich der Stifter, Kaiser Wilhelm II., in die Tradition des alten Reiches und der Stauferkaiser setzen. Erzählt wird das Leben der Heiligen, angefangen bei der Prophezeiung ihrer Geburt durch Klingsor über die Brautwerbung am ungarischen Königshof, Elisabeths Verlobung, die Niederlegung ihrer Krone als Zeichen ihrer christlichen Demut.
Einer Darstellung der heiligen Landgräfin beim Wolle spinnen folgt der Aufbruch ihres Gemahls Ludwig IV. in den Kreuzzug. Elisabeths Vertreibung von der Wartburg und ihr Hospitalbau in Marburg sind an der Ostseite zu sehen, über dem Kamin erscheint das sogenannte Mantelwunder. Architektonisch stellt der Raum das Pendant zum Rittersaal dar. Das originale Kapitell der Mittelsäule zeigt Adler in fast lebendiger Bewegtheit.
Nachdem über Luther auf dem Reichstag zu Worms die Reichsacht verhängt wurde, schützte man sein Leben durch die Scheingefangennahme am 4. Mai 1521. Von diesem Tag an lebte Luther unerkannt als Junker Jörg auf der Wartburg. Sein Aufenthalt dauerte bis zum 1. März 1522. Er unterbrach ihn im Dezember, um heimlich die Lage der Reformation in Wittenberg zu klären. Auf der Wartburg übersetzte Luther das Neue Testament aus dem griechischen Urtext in die deutsche Sprache. Er verfasste viele reformatorische Schriften und Psalmlieder.
Die legendäre Lutherstube auf der Wartburg, die sich seit fast 1.000 Jahren majestätisch oberhalb der Thüringer Stadt Eisenach erhebt und jährlich knapp eine halbe Million Besucher in ihren Bann zieht. Hier versteckte sich Martin Luther nach seiner Gefangennahme vor 500 Jahren, um unerkannt, als „Junker Jörg“, in nur elf Wochen die Übersetzung des Neuen Testaments der Bibel zu erschaffen.
Als bisher einzige deutsche Burganlage gehört sie seit 1999 zum Welterbe der Menschheit. Neben dem Ort musealer Kostbarkeiten ist die Wartburg aber auch einzigartige Kulisse zahlreicher Veranstaltungen. Die Festsaalkonzerte von Deutschlandfunk Kultur und mdr-Musiksommer gehören mittlerweile ins feste Jahresrepertoire und sind nicht mehr wegzudenkende Musiktradition.
Hotel auf der Wartburg
Was wir zu Abend gegessen haben:
Etwa 30 km fährst Du von der Wartburg zum
Nationalpark Hainich
Der Hainich gehört zu den letzten Überbleibseln der Urwälder, die einst weite Teile Mitteleuropas bedeckten. Mit einer Fläche von etwa 130 km² ist er Deutschlands größtes zusammenhängendes Laubwaldgebiet. Sein südlicher Teil ist Nationalpark und seit 2011 Teil des UNESCO Weltnaturerbes „Buchenwälder der Karpaten und Alte Buchenwälder Deutschlands“.
Dem Urwald aufs Dach steigen – der Baumkronenpfad im Nationalpark Hainich macht es möglich
Ein Rundgang über den Baumkronenpfad im Nationalpark Hainich dauert 540 Meter und so viel Zeit wie man sich nehmen möchte. Der Pfad führt in Bögen durch die Baumwipfel. Am höchsten Punkt, einem Aussichtsturm, bringt er es auf etwa 40 Meter über dem Erdboden. Normalerweise ist dies das Refugium der Vögel.
Nebenbei bemerkt: „Rundgang“ gilt für uns Anhänger der Barrierefreiheit nicht so ganz. Spätestens am Aussichtsturm heiß es für Menschen mit Gehbehinderung: Umkehren, zurück zum Aufzug, wenn Treppensteigen ganz unmöglich ist. Aber auch das ist halb so schlimm: Damit erlebst Du den schönen Weg in den Baumkronen doppelt, wenn auch aus anderer Sicht.
Insekten: Nach den ersten Untersuchungen in Baumkronen wird von 10-30 Millionen Arten ausgegangen – davon leben vermutlich 40 % in Baumkronen! Durch die auf dem Pfad zu sehenden „Gelbschalen“ werden Insekten gefangen und bestimmt. Durch diese Farbschalen wurden auf dem Baumkronenpfad beispielsweise 248 Mücken- und Fliegenarten nachgewiesen.
Gemäß der Nationalparkidee ,,Natur Natur sein lassen“ können im Nationalpark natürliche Entwicklungen ungehindert ablaufen, frei von nutzenden und lenkenden Eingriffen des Menschen. Dieser Schutz sichert in allen Nationalparks der Welt das Überleben seltener Tiere und Pflanzen und den Erhalt der biologischen Vielfalt.
Der Mensch ist hier Gast, kann werdende Wildnis erleben und Erholung finden. Im Hainich gibt es Kalk-Buchenwälder in einer Größe, Unzerschnittenheit und Ausprägung, wie sie an keinem anderen Ort mehr zu finden sind. Sie dürfen sich hier zu einem „Urwald mitten in Deutschland“ für künftige Generationen entwickeln.
Neben der dominierenden Rotbuche wachsen im Hainich über 30 weitere Laubbaumarten. Im Herbst wird der Artenreichtum durch die bunte Färbung besonders gut sichtbar. Auf den hiesigen Muschelkalkböden gedeihen die Frühblüher üppig. Außerhalb des Waldes gibt es Magerrasen mit seltenen Kräutern und Gräsern und großflächige Verbuschungsflächen mit Sträuchern und jungen Bäumen.
Der Nationalpark Hainich ist Lebensraum für mehr als 10.000 Tier-, Pflanzen- und Pilzarten! Außer den Arten, die typisch für Laubwälder sind, finden in den alten Buchenwäldern auch viele seltene Arten wie Wildkatze, Bechsteinfledermaus, Mittelspecht und Totholzkäfer die Wildnis, die sie zum Leben brauchen. Vögel wie Braunkehlchen, Neuntöter, Wendehals sowie Laubfrösche und zahllose Insektenarten kannst Du auf einer Wanderung durch das Offenland sehen oder hören.
Waldpromenade
Die Waldpromenade ist durchweg barrierefrei zugänglich und ist zugleich lehr- und unterhaltsam mit vielen Stationen unterwegs zum Rasten. Dein Spieltrieb wird gefordert!
Interessante und weiterführende Links
Bachhaus Eisenach barrierefrei virtuell besuchen
Klingende Thüringer Residenzen: Wartburg
Thema Barrierefreiheit auf der Wartburg
Übernachtung: Zum Beispiel im Romantik Hotel Wartburg (Info und Buchung bei Holidaycheck* oder bei booking.com*)
Alle Hotels in Eisenach bei booking.com*
Literatur
„Eisenach an einem Tag“: Ein Büchlein über den Stadtrundgang zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten
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