Straße der Romanik in Sachsen-Anhalt: Auf den Spuren von Kaiser Otto I.

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Giebichenstein

 

Infobox
Autor:Edeltraud Brugger
Reisezeit:April 2023
Art der Reise:Pressereise
Lesezeit: 7 Minuten

 

Des Kaisers letzte Reise

Sachsen-Anhalt feiert den 1050sten Todestag Ottos des Großen und zugleich 30 Jahre „Straße der Romanik“.  Dome, Kirchen, Klöster, Burgen, Schlösser und Altstädte aus dem 10. bis 13. Jahrhundert liegen auf dieser Route. Im heutigen Sachsen-Anhalt entstand zur Zeit der Ottonen eine einzigartige Kulturlandschaft. Fünf Welterbestätten der UNESCO kann das Land vorweisen.

Wenn das mal keinen Besuch wert ist! Wir starten unsere Rundreise zu den wichtigsten  Stationen auf der letzten Reise Ottos I. in Halle. Es geht in den Ortsteil Giebichenstein.

Oberburg Giebichenstein

„Da steht eine Burg überm Tale
und schaut in den Strom hinein.
Das ist die fröhliche Saale.
Das ist der Giebichenstein.

(Eichendorff, während seiner Zeit als Student in Halle)


Die wunderschön gelegene Burgruine mit ihren Rosengärten zog zahlreiche Dichter der Romantik an, die sich hier inspirieren ließen.

961 wird die älteste Burg auf dem Felsen am Ufer der Saale zum ersten Mal in der Schenkungsurkunde König Ottos I. erwähnt. Zu sehen ist heute nach einem kurzen Anstieg über Treppen vor allem der Torturm und der Gewölbekeller.  Eine Führung durch die Burgruine lohnt sich. Der Ausblick von hoch oben auf die Saale ist phantastisch. Der Sage nach soll sich Ludwig der Springer, Pfalzgraf von Thüringen, durch einen tollkühnen Sprung vom Felsen in die Saale seiner drohenden Hinrichtung entzogen haben. Er hatte den Pfalzgrafen auf der Jagd getötet und seine schöne Frau geheiratet. So was ging schon damals nicht.

Doppelkapelle St. Crucis Landsberg

Über der Stadt Landsberg wacht einsam auf einem Porphyrfelsen ein turmartiges Gebäude. Die romanische Doppelkapelle war Teil einer Burganlage und ist eine der größten und schönsten ihrer Art. Von der Burg ist allerdings nichts übrig geblieben. Die Kapelle war entweder direkt in die Burganlage eingebaut oder durch eine Galerie mit den Wohngebäuden verbunden.

Hier feierten niederes Volk und Herrschaft den Gottesdienst räumlich getrennt nach Stockwerken, die aber durch eine quadratische Öffnung in der Mitte verbunden sind. Auch auf den jeweils eigenen Zugängen begegneten sich die Gläubigen nicht. Durch das einfallende Licht und die besondere Konstruktion entsteht eine magische Stimmung.

Jedes Kapitell ist anders gestaltet. Eine rötliche Säule im ersten Stock ist aus antikem Marmor und schwitzt bei besonderen Wetterbedingungen Kondenswasser aus, was ihr den Namen Blutsäule einbrachte.

Das dritte Geschoss könnte letzter Zufluchtsort bei einer Belagerung gewesen sein. Die dicken Mauern sowie eine Pechnase weisen darauf hin.

Ausblick vom dritten Stockwerk der Doppelkapelle

Kloster Petersberg

Etwa 15 km nördlich von Halle steht das Kloster von weitem sichtbar auf der höchsten Erhebung des Saalekreises, dem Petersberg. Bereits im 11. Jahrhundert wurde hier eine Kirche errichtet.

Vier Schwestern und zwei Brüder der Evangelisch ­ Lutherischen  Communität Christusbruderschaft aus dem oberfränkischen Selbitz leben und arbeiten hier. In „durchbeteten“ Räumen gibt es vielfältige Angebote, Gemeinschaft zu erleben und zur inneren Einkehr zu kommen, erklärt uns Schwester Susanne.

Bruder Johannes führt uns durch die Stiftskirche St. Peter, die als Erbgrablege der Wettiner und Repräsentationsbau ihrer Herrschaftsausübung erbaut wurde.

Der Krug zum Grünen Kranze

Aussicht vom Biergarten auf Saale und Burg Griebichenstein

Das bekannte Volkslied „Im Krug zum Grünen Kranze“ entstand im gleichnamigen Wirtshaus an der Saale mit Blick auf die Burg Giebichenstein. Der Dichter Wilhelm Müller (1794-1827) war wohl Stammgast hier und traf dort den Arzt Carl von Basedow, um ihn um die Hand seiner Schwester zu bitten. Dieser war zu früh erschienen und wohl nach reichlichem Weingenuss erst mal eingeschlafen. Der romantische Text hatte zuerst den Titel „Brüderschaft“.

Auch sein bekanntestes Gedicht „Das Wandern ist des Müllers Lust“ soll der Herr Müller im Krug verfasst haben. Anscheinend war das Wirtshaus ein beliebter und inspirierender Treffpunkt. Auch wir haben vorzüglich darin gespeist!

Memleben – Wo ist des Kaisers Herz?

Im beschaulichen Ort Memleben im Tal der Unstrut warten Rätsel und Überraschungen auf uns.

Otto I., erster römischer Kaiser deutscher Nation, kehrte mit seinem Gefolge ( ca. 200 Personen) im März 973 nach einer langen, beschwerlichen Reise aus Italien zurück. Mit seiner Frau Adelheid, seinem Sohn Otto und seiner Schwiegertochter Theophanu zog er am Palmsonntag in den Magdeburger Dom ein. Dort konnte er stolz die beim Papst erreichte Gründung des Erzbistums Magdeburg verkünden.

In Quedlinburg feierte er mit seinem Gefolge das Osterfest und hielt Hoftag. Gesandte aus Byzanz, Ungarn, Dänemark, Bulgarien, Polen und vielen anderen Ländern waren dazu gekommen.  17 Tage später reiste er zu Christi Himmelfahrt nach Merseburg zu einem weiteren Hoftag. Zwischendurch wurde im Königshof Walbeck Station gemacht. In Memleben wollte er das Pfingstfest feiern. Die Anlage war eine der vielen Reisepfalzen der Ottonen, die ständig unterwegs waren. Am Abend des 7. Mai 973 bekam er plötzlich Fieber, fiel in Ohnmacht und starb wenig später. Noch in derselben Nacht wurden dem Leichnam die Eingeweide entnommen und beigesetzt. So berichtet der Chronist Thietmar von Merseburg. Der Körper wurde in den Magdeburger Dom überführt und dort bestattet. Gesucht wird bis heute in Memleben die Urne mit dem Herz des Kaisers. In einer gleichnamigen aktuellen Sonderausstellung wird diese Suche dokumentiert.

Verschwunden ist aber auch die komplette Pfalzanlage, die Otto mit seinem Gefolge regelmäßig besuchte. Seit 2017 forschen Archäologen auf dem Gelände und fanden Reste einer Monumentalkirche aus dem 10. Jahrhundert, eine frühgotische Kirchenruine und eine spätromanische Krypta.

Jetzt wird es spannend. Wir bekommen Tabletts und scannen damit  QR-Codes an verschiedenen Stellen des Geländes. Virtuelle Realität erweckt die Ruinen zum Leben. Wo vorher nur Grundmauern zu sehen waren, steht plötzlich eine romanische Kirche. Der Innenhof verwandelt sich in einen romanischen Kreuzgang und wir mittendrinn. Phantastisch!

Paddeln am Pilgerweg

Zwei  freundliche junge Männer von Outtour warten mit ihren Kanus und Kajaks am Ufer der Unstrut. Ich bin mir nicht sicher, ob ich da einsteigen soll. Aber die beiden überzeugen mich und schon sitze ich nach kurzen Anweisungen im Vierer und halte zum ersten Mal ein Paddel in den Händen. Ich muss nicht lenken, nur im Takt mitpaddeln.

Es geht vorbei an saftigen Wiesen, idyllisch gelegenen Weinbergen, Schlösschen und Burgen. Hier verkehren keine größeren Schiffe, die Unstrut ist wohl auch für Anfänger geeignet. Wir paddeln ganz geruhsam entlang des alten Pilgerwegs bis Naumburg.

Krach schlagen, dann kommt der Fährmann…vielleicht.

Merseburger Domschatz – kostbare Textfragmente und magische Zaubersprüche

Vor der Schlacht auf dem Lechfeld 955 legte Otto I. das Gelübde zur Bistumsgründung in Merseburg ab. Ein großer Bedeutungszuwachs für die Stadt.

Im Merseburger Dom haben wir einen Ortstermin mit dem Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt Dr. Reiner Haseloff. Mit Unterstützung des Landes wurde kürzlich ein wertvolles Handschrift-Fragment aus der Chronik Bischof Thietmars von Merseburg aus dem 12. Jahrhundert ersteigert.  Ab Mitte Mai wird es öffentlich im Dom präsentiert und macht einen Besuch dort noch lohnenswerter.

Faksimile der Merseburger Zaubersprüche im Domschatz

Unbedingt anschauen sollte man sich den Domschatz. Wenn die Führerin die weltberühmten „Merseburger Zaubersprüche“ vorspricht und dazu eine imaginäre Hand im Video die 1000 Jahre alten Beschwörungsformeln aus vorchristlicher Zeit schreibt, kann es einem schon kalt über den Rücken laufen. Die Texte sind als Faksimile ausgestellt und nur eine der Kostbarkeiten im Domschatz.

Im Dom selbst erklingt dann auch noch die Königin der Instrumente, die romantische Ladegast-Orgel. Wer mehr davon hören will, kommt im September zu den Merseburger Orgeltagen.

Auf dem Eselsteig zur Burg Falkenstein

Die Burg Falkenstein im Harz liegt an der Straße der Romanik und ist eine Wanderstation der beliebten Harzer Wandernadel. Über den Eselstieg oder Selkestieg gelangen wir nach knapp einer Stunde vom Selketal hoch zur Burg. Nach einer gemütlichen Wanderung am Bach entlang geht es ein wenig anstrengend bergauf, aber das Ziel ist bald in Sicht. Wer nicht gut zu Fuß ist, kann die Burg mit einer hübschen kleinen Bahn erreichen. Sie fährt jede Stunde.

Es ist eine eindrucksvolle Burganlage, erbaut im 12. Jahrhundert und wurde niemals erobert. Der Legende nach ist hier das bekannteste deutschsprachige Rechtsbuch verfasst worden, der Sachsenspiegel.

Man sollte sich auch Zeit nehmen für renovierten Innenräume mit ihren Schätzen, wie hier die festlich gedeckte Tafel.  Und wer vom Wandern, Treppensteigen und Staunen Appetit bekommen hat, besucht die urige Burggaststätte „Krummes Tor“, wo er ganz phantastisch verpflegt wird. Wenn dann noch im Falkenhof bei einer Vorführung die Greifvögel im Sturzflug ihre Beute fangen, hat sich der Anstieg mehr als gelohnt.

Quedlinburg – Wiege Deutschlands

Blick vom Stiftsberg

Quedlinburg, am Nordrand des Harzes, gehört mit ihren mehr als 2000 Fachwerkhäusern aus acht Jahrhunderten zum UNESCO- Welterbe. Hier begann vor über 1000 Jahren die deutsche Geschichte. Verwinkelte Gassen mit uraltem Pflaster, malerische Plätze und viele wunderbar erhaltene historische Fachwerkhäuser prägen das Bild. Darüber erhebt sich mitten in der Stadt ein massiver Sandsteinfels mit Schloss und romanischer Stiftskirche. Auf dem Stiftsberg wird zur Zeit noch renoviert. Eine moderne barrierefreie Ausstellung in den Räumen des ehemaligen Damenstifts ist geplant und soll 2024 fertig sein. Also noch etwas Geduld und bis dahin die Altstadt genießen.

 

Oder die Basilika St. Wiperti besuchen und dort auf keinen Fall die Krypta verpassen. Beide Meisterwerke der Romanik zeugen von ihrer wichtigen Vergangenheit als Königshof der sächsisch-ottonischen Herrscher.

Bis aus Japan kommen Menschen, die sich speziell für die Krypta interessieren, erzählt unser Kirchenführer, der dem Förderverein angehört. Sie wurde um das Jahr 1000 gebaut und zählt zu den ältesten in Deutschland. Die Krypta der Wipertikirche ist keine Begräniskrypta sondern eine Reliquienkrypta, die mit ihrem umlaufenden Seitenschiff Prozessionen entlang der ausgestellen Reliquien ermöglichte (eine Begräbniskrypta für Heinrich I. und seine Frau, die Heilige Mathilde, befindet sich in der Stiftskirche St. Sevatius auf dem Schlossberg).

Geheimnisvolle Muster auf einer Säule erinnern an ein Mühlespiel. Der ehemalige Grabstein aus dem 9. Jahrhundert wurde wahrscheinlich als Spieltisch verwendet, steht auf dem Kopf und trägt jetzt die Decke.

Von den seltenen Pilzkapitellen gibt es nur noch eine Handvoll in Deutschland. Ein nicht fertig gestellter Stuckfries gibt Rätsel auf.

Magdeburg – die Lieblingspfalz

Magdeburg war das Brautgeschenk Ottos für die englische Prinzessin Editha, seine erste Frau. Mit vielen Vorrechten ausgestattet konnte die Stadt zu einer bedeutenden mittelalterlichen Metropole aufsteigen. Die Gründung des Erzbistums Magdeburg war Otto I. wichtig. Auf seiner letzten Reise brachte er kostbare Geschenke und Reliquien für die Kirche aus Italien mit. Im Magdeburger Dom wurde er begraben. Dort ist auch das Grab seiner Frau Editha.

Das Grab des Kaisers: ein schlichter steinerner Sarkophak mit einer Marmorplatte

Zum Jubiläum gibt es eine Sonderausstellung im Kulturhistorischen Museum: „Welche Taten werden Bilder? Otto der Große in der Erinnerung späterer Zeiten“.

Der Magdeburger Reiter, 1240/1250

Zu jeder Zeit machte man sich Bilder dieser historischen Persönlichkeit und sie fallen in jeder Epoche anders aus. Man begegnet ihm auf der Schlacht auf dem Lechfeld, bei seiner Kaiserkrönung oder den Hoftagen, als siegreicher Verteidiger des Reiches, als trauernder Ehemann, als vergebender Bruder. Auch die starken Frauen an seiner Seite kommen zur Geltung.

Kaiser Otto der Große mit seinen Frauen, Heinrich Apel, 1989

 

Unbedingt einen Besuch wert ist auch das Dommuseum Ottonianum ganz in der Nähe des Doms. Ein modernes, feines Museum in einem ehemaligen Bankgebäude mit einer Vielfalt spektakulärer Funde, Zeichentrickfilmen und multimedialen Stationen.

So ähnlich könnte die Reliquiensammlung auf der Grabplatte des Kaisers ausgesehen haben.

St. Mauritius im Dom

St. Mauritius im Museum, rekonstruiert.

So macht Geschichte Spaß!

Interessante und weiterführende Links

Sachsen-Anhalt-Tourismus: Straße der Romanik

Des Kaisers letzte Reise – Das Jubiläum 2023

Romanik: Merkmale in Architektur, Malerei und Skulptur

Sachsen-Anhalt-Tourismus: Urlaub in Sachsen-Anhalt

Wipertikirche Quedlinburg – Öffnungzeiten

Merseburg (Ein Kapitel aus beim Beitrag „Luther, Cranach, Goethe und ein diebischer Rabe in Sachsen-Anhalt“

 

Luther, Cranach, Goethe und ein diebischer Rabe in Sachsen-Anhalt

Danke an Sabine Kraus von der IMG – Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt mbH für die Einladung zu dieser Pressereise und die perfekte Organisation.

 


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