Aserbaidschan: Kaukasus, große Kulturen am Rande Europas, Teil 3

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Baku - Aserbeidschan - Heydar Aliyev Center - Bild von Mohsin (Unsplash)

Aserbaidschan

Einreise

Wir nähern uns am 28.05.2018 der georgisch-aserbaidschanischen Grenze und merken sehr bald, dass es einen riesigen Unterschied zwischen Armenien und Georgien einerseits und Aserbaidschan andererseits gibt. Eigentlich merken wir es schon vorher, da man nach Armenien und Georgien mit dem Reisepass einreisen kann, während man für Aserbaidschan ein Visum benötigt. Als wir schließlich ungefähr 500 m von der Grenze entfernt sind, müssen wir den Bus verlassen, unser Gepäck entgegennehmen und vollgepackt zu Fuß die Strecke bis zur aserbaidschanischen Pass und Zollkontrolle zurücklegen. Dort werden wir einer peinlichst genauen Gepäckkontrolle unterzogen, Wehe dem, der seinen armenischen Ararat-Weinbrand nicht bis zur aserbaidschanischen Grenze ausgetrunken hat; weil nämlich jeder Gegenstand, der aus Armenien stammt, konfisziert wird. Ein Mitglied unserer Gruppe hatte in seinem Gepäck eine armenische Landkarte – mit Bergkarabach nach armenischer Lesart eingezeichnet. Natürlich wurde ihm die Karte abgenommmen.

Irgendwie erinnerte die Kontrolle an das Prozedere, das manche von uns von Reisen in oder durch die DDR kennen. Insgesamt eher unerfreulich, so dass sich der Eindruck aufdrängte, dass Reisende aus dem Ausland unerwünscht sind.

Jenseits der Grenze durften wir dann einen aserbaidschanischen Bus besteigen und machten Bekanntschaft mit einer aserbaidschanischen Reiseführerin.

Verhältnis zu Armenien

Wie wir an der Grenzkontrolle erkennen konnten, hat Aserbaidschan Probleme mit einigen Nachbar,n und dabei insbesondere mit Armenien. Der verlorene Krieg gegen Armenien ist nicht vergessen, auch die vielen Flüchtlinge aus Bergkarabach, die nun irgendwo in Aserbaidschan ein provisorisches Zuhause gefunden haben, erinnern die Aserbaidschaner ständig daran, dass der Konflikt mit dem nördlichen Nachbarn längst nicht beigelegt ist. Auch das Verhältnis zu Russland ist nicht gut. Umso besser ist das Verhältnis zur Türkei, mit dem Aserbaidschan sprachlich und religiös nah verbunden ist.

Sonstiges über Aserbaidschan

Im Gegensatz zu den beiden anderen Ländern im Kaukasus ist Aserbaidschan wirtschaftlich stark genug, um ohne die Unterstützung von Nachbarn auszukommen. Das Öl, das vor der Küste Aserbaidschans gefördert wird, setzt das Land in die Lage, großzügig zu wirtschaften.
Mit fast 10 Millionen Einwohnern hat Aserbaidschan zudem eine nahezu dominierende Position in der Region und braucht im Gegensatz zu den beiden anderen kaukasischen Ländern nicht zu befürchten, durch die massive Auswanderung nach Russland und Europa „auszubluten“.

Religion

Im Gegensatz zu den beiden anderen kaukasischen Ländern ist Aserbaidschan islamisch geprägt. Vorherrschende Relligion ist der schiitische Islam. Nur wenige Aserbaidschaner praktizieren allerdings ihre Religion. Die Lebensart ist insgesamt liberal: in den Restaurants und Kneipen der Hauptstadt wird gesungen und getanzt, und auch Alkohol getrunken.

Sprache

In Aserbaidschan wird Aserbaidschanisch gesprochen, eine Turksprache. Türken und Aserbaidschaner können sich verständigen, wenn jeder seine Sprache spricht. Geschrieben wird die Sprache in lateinischer Schrift. Bis vor einigen Jahren beherrschte ein Großteil der Bevölkerung noch das Russische, das sie neben ihrer Muttersprache sprachen. Inzwischen wird Russisch teilweise nicht ‚mal mehr in der Schule gelehrt. Im Tourismus spielt es zwar immmer noch eine große Rolle, wird jedoch zunehhmende durch das Englische verdrängt.

Währung

Währung: Die georgische Währung heißt Manat. Um an Bargeld zu kommen, kann man mit Kreditkarten oder EC-Karten mit dem Aufdruck Maestro Geld abheben oder, besser noch, man hat US-$ oder € bei sich, die man umtauscht.

 

Şəki, dt. auch Schäki

Erstes Ziel auf aserbaidschanischem Territorium ist die Stadt Şəki, die v.a. wegen Ihres Khan-Palasts aus dem 18. Jahrhundert bekannt ist, den wir leider nur von außen fotografieren können.

Khan-Palast in Şəki, Foto: Ludwig Neudorfer

Immerhin ist die schicke junge Dame in Folkloretracht ein willkommener Blickfang.

Vor dem Khan-Palast, Foto: Ludwig Neudorfer

Bekannt ist Şəki auch wegen seiner Karawanserei, einer Herberge, wie sie in islamisch-geprägten Ländern an den Karawanenstraßen häufiger vorkommen.

Karawanseri in Şəkii, Foto: Ludwig Neudorfer

Auch der Markt bietet ein sehr farbenfrohes, für Tierfreunde aber auch zuweilen ein schockierendes Bild. Das Foto mit den auf engstem Raum eingezwängten Küken ist da noch ein relativ erträglicher Anblick.

Auf dem Markt in Sheki, Foto: Ludwig Neudorfer

Für unsere Reisegruppe ist besonders der Handwerkermarkt interessant, auf dem vieles Interessante zu finden ist, aserbaidschanische Instrumente, Textilien und Souvenirs aller Art.

Folklore-Figürchen auf dem Handwerkermarkt, Foto: Ludwig Neudorfer

Kiş oder Kish

Unweit von Şəki befindet sich die Ortschaft Kiş die über sehr holprige Wege zu erreichen ist und die sich von der aserbaidschanischen religiösen Umgebung dadurch abhebt, dass sie jahrhundertelang christlich geprägt war. Die im Jahr 1860 erbaute Kirche zeugt noch davon.

Kirche in Kiş, Foto: Ludwig Neudorfer

In der Kirche werden heutzutage aber keine Gottesdienste mehr abgehalten, vielmehr dient sie heute als Museum. Dort werden die Ergebnisse der Ausgrabungen ausgestellt, die in den letzten Jahren mit norwegischer Unterstützung durchgeführt werden.

Baku

Die Stadt des Öls. Die Stadt, in der Geld offensichtlich keine Rolle spielt – weil man es einfach hat. Die Devise scheint zu sein: Kleckern ist nicht angesagt, klotzen ist gefragt. Davon zeugen nicht zuletzt die drei fast 200 m hohen Gebäude, die wie Flammen aus dem Häusermeer herausragen.

Die drei Flammen, Foto: Ludwig Neudorfer

Wir gehen die Märtyrerallee entlang, die mit einer ewigen Flamme und Fotos der Opfer an die Vorgänge aus dem Jahr 1990 erinnert.

Damals kamen bei einem Aufstand junger Aserbaidschaner, die für die Unabhängigkeit von der damalien Sowjetrepublik eintraten, 130 Menschen um, als sie sich sowjetischen Panzern entgegenstellten. Erinnert werden soll aber auch der Toten beim Kampf um Bergkarabach.

In der Altstadt besuchen wir das Grab des Shirvan-Shahs aus dem 15. Jahrhundert und spazieren am Jungfrauenturm entlang, der an die Legende um den Selbstmord der Tochter eines Khans erinnern soll.

Mir machen einen Zwischenstop am Heydar-Aliyev-Zentrum, benannt nach dem früheren aserbaidschanischen Staatspräsidenten. Das Zentrum ist ein architektonische Kunstwerk, das von der irakisch-britischen Architektin Zaha Hadid erbaut. Es beeindruckt durch seine fließenden Formen, die wie ein Bauwerk aus einem Guss wirken. Es dient heute als Kulturzentrum.

Heydar-Aliyev-Zentrum,, Foto: Ludwig Neudorfer

Ateschgah ist ein ehemaliger Feuertempel, in dem hinduistische Rituale praktiziert wurden.

Ateschgah-Feuertempel, Foto: Ludwig Neudorfer

Heute ist der Tempel ein Museum, in dessen Kammern das Leben der Menschen von damals nachgestellt wird.

Nachgestellte Szene im Ateschgah-Feuertepel, Foto: Ludwig Neudorfer

In Baku ist immer etwas los. Abends sammeln sich z.B. die Schachfreunde um ein in den Boden eingelassenes Schachspiel und fachsimpeln über die Züge der Spieler.

Schachspielen in der Fußgängerzone, Foto: Ludwig Neudorfer

Gobustan

Der Nationalpark ist vor allem durch seine Felszeichnungen bekannt.

Felszeichnungen in Gobustan, Foto: Ludwig Neudorfer

Wo heute Wüste und Felsen das Bild prägen, reichte nach Einschätzung von Wissenschaftlern in der Steinzeit das Meer fast bis dorthin, während die Umgebung grün und fruchtbar war. Diejenigen, die das Leben vor Jahrtausenden von Jahren nachempfinden möchten, können sich in einem dortigen Museum in Bildern, Plastiken und Filmen eine Vorstellung von dieser Zeit bilden. Teilweise werden wissenschaftliche Erkenntnisse durch die pure Phantasie ersetzt. So wird in einem Film dargestellt, wie der Yalli-Tanz, den es auf dem Gebiet des heutigen Aserbaidschan gegeben haben soll, ausgesehen haben könnte.

Yalli-Tanz, Foto: Ludwig Neudorfer

Zurück in der Natur können wir ein Naturschauspiel in Form von Schlammvulkanen erleben.

Schlammvulkan in Gobustan, Foto: Ludwig Neudorfer

Bibi-Heybat-Moschee

Ursprünglich wurde sie bereits im 13. Jahrhundert erbaut. Im Zuge der atheistischen Kampagne unter Stalin wurde die Moschee im Jahr 1934 zerstört. Nach der Unabhängigkeit Aserbaidschans wurde sie wieder aufgebaut und 1997 durch den damaligen Staatspräsidenten Hejdar Aliyev eingeweiht.

Bibi-Heybat-Moschee, Foto: Ludwig Neudorfer

Wir besuchen noch das Teppichmuseum in Baku. Wolfgang Brugger berichtete im Jahr 2014 über dessen Eröffnung. Beim Betreten werden wir mit sehr strengen Hausregeln konfrontiert. Nicht nur durfte man nicht fotografieren oder filmen, beim Einlass wurden außerdem die Apparate abgenommen.
Am nächsten Morgen ist die Reise durch den Südkaukasus bereits zu Ende und wir treten die Heimreise an.

Fazit

Organisation

Der Aserbaidschan-Teil war wie auch die anderen beiden Teile sehr gut organisiert. In den Fällen, in denen Unzufriedenheit aufkam, lag das nicht an der Reisegesellschaft, sondern an den besonderen Verhältnissen in Aserbaidschan.

Land und Leute

Die Menschen sind im Großen und Ganzen freundlich. In allen Fällen, in denen eine gewisse Herrschaftsmacht ausgeübt werden kann, wird der Ton allerdings schnell schroff. Das merkten wir bei der Einreise, im Teppichmuseum wie auch am Flughafen bei der Ausreise. Möglicherweise ist der Tourismus angesichts anderer Einnahmequellen nicht wichtig genug.

Reiseliteratur

Durch den wilden Kaukasus von Fritz F. Pleitgen, erschienen bei Kiepenheuer & Witsch

Aserbaidschan von Philine von Oppeln und Frank Schüttig, erschienen im Trescher-Verlag

Für Freunde und Freundinnen aserbaidschanischer Märchen und Erzählungen

Volksmärchen aus Aserbaidschan*, erschienen im Verlag Dr. Köster, Berlin

antiquarisch
Der Granatapfelbaum – Moderne aserbaidschanische Erzählungen*, erschienen im Verlag Volk und Welt, Berlin

Anbieter Aserbaidschan-Reisen

GeBeco: Durch den Kaukasus von Baku bis nach Jerewan*

GeBeco: Alle Reisen in den Kaukasus*

Studiosus Reisen: Studienreise Südkaukasus – Armenien – Georgien – Aserbaidschan

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Titelbild: Baku – Aserbeidschan – Heydar Aliyev Center – Bild von Mohsin (Unsplash)

 

 


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