Safari Südafrika: Zu Fuß durch Zululand. Dicht dran am Nashorn

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Eine Safari zu Fuß unter wilden Tieren in Südafrika

 

Ein Blick zurück in die Neunziger:

Kurz nach 7 Uhr morgens hebt die Fokker 27, eine Zwei- Propeller- Maschine der Fluggesellschaft COMAIR, von der Startbahn des Flughafens Johannesburg International sanft ab. Ziel meiner Reise ist es, zwei verschiedene Wildreservate im Zululand, Teil der Provinz KwaZulu – Natal, zu erkunden. Kaum haben wir Reiseflughöhe erreicht – immer noch sind Details der unter uns weggleitenden märzgrünen Landschaft gut zu erkennen- beschreibt der Kapitän die Flugroute und gibt das Wetter in Richards Bay, unserem Zielflughafen durch. Flugdauer: 1 Stunde und 20 Minuten. Durch den Flug spart man sich 5-6 Stunden Autofahrt.

 

Enorm die Beinfreiheit in der Maschine: Von Fenster zu Fenster sind nur 4 Sitze installiert! So komfortabel bin ich lange nicht mehr gesessen! Als wir mit leisem Fluggeräusch über den Ebenen des Highveldes schweben, genießen wir das Frühstück.

Blick aus dem Fenster: Merkwürdig flach wirkt das „Escarpment“ (Steilabfall der Highveld-Platte zum Nataler Tiefland), das wir in kurzer Flugzeit erreicht haben. Wenn ich bedenke, wieviel Schweiß und Pfunde ich schon auf Wanderabenteuern in dieser Gegend, vor allem rund um Newcastle, gelassen habe, wirkt von oben gesehen die Landschaft durch die Perspektivenverkürzung geradezu unglaublich platt.

Pünktlich setzt die COMAIR-Fokker nach einmaliger Umkreisung des kleinen Flughafens Richards Bay auf der Landebahn auf, in unmittelbarer Nähe einer Ausbuchtung des Indischen Ozeans. Der Rückflug, den ich hier zeitlich vorziehe, wird mir ebenfalls erfreulich in Erinnerung bleiben: Ein ruhiger Flug, zum Abendessen drei hübsch dekorierte Brote (Fisch, Rindfleisch und Hühnchen), eine kleine Hühnchenkeule, und, als besondere Leistung, im Preis eingeschlossene alkoholische Getränke. Zum ersten Mal probiere ich das Afrika – Getränk der Engländer, als Malaria – Prophylaxe benutzt: „Gin Tonic on the rocks“. Für die Wirkung dieser „Arznei“ kann ich jedoch keine Garantie übernehmen.

Gleich beim Aussteigen aus dem Flugzeug bemerke ich, wie feucht und warm die Luft hier ist: Gewohnt, in der relativ trockenen, dünnen Luft des Highveldes zu leben, brauche ich schon einige Zeit, mich diesem Klima hier anzupassen. Schützen muss ich mich auch an die hier häufig vorkommende Malaria. Die bisher in Südafrika erhältlichen Tabletten gegen die gefährliche Krankheit sind (bei meiner Recherchereise anfangs 1994) wirkungslos, weil sich die Malaria – Erreger daran gewöhnt haben. Doch in südafrikanischen Apotheken haben sich schon etliche neue Mittelchen etabliert.

Ich muss jeden Tag zwei Tabletten der einen Sorte und jeden Mittwoch zwei Tabletten der anderen Sorte nehmen. Damit soll der Erreger, den die Anopheles – Mücke trägt, angeblich keine Chance mehr haben. Leider kommen immer mehr Deutsche und Österreicher mit dem Medikament „Lariam“ als Prophylaxe ins Land. Vor Jahren war „Lariam“ noch als Kur gegen Malaria verwendet worden, jetzt, mit der Anwendung als Prophylaxe, besteht die Gefahr, dass die Arznei bald nicht mehr wirkt, weil die Erreger sich daran gewöhnt haben. Die Chemiefirmen müssen neue Mittelchen zur Heilung erfinden.Umfolozi – Game – Reserve

Drei volle Tage Wanderung durch die Wildnis habe ich nun vor mir. Mike, ein Angestellter vom Umfolozi Game Reserve, holt mich nach einer längeren Wartezeit mit einem Lieferwagen ab. Ich bin dankbar für diesen Service, muss ich auf diese Weise keinen Mietwagen nehmen, um zum ca. 1 Stunde entfernten Wildreservat zu kommen. Erst gegen Mittag treffen wir im Basiscamp des Umfolozi- Wildreservates ein, da Mike in Richards Bay und Empangeni Erledigungen zu machen hat.

 

Südafrika Umfolozi Nationalpark Blick über Aloenbestand

Südafrika Umfolozi Nationalpark
Blick über Aloenbestand

 

Am erdbraunen „Weißen Umfolozi“ – Fluss, der hier eine Biegung macht, liegt das Mdindini- Rastlager, das nur Wanderern zur Verfügung steht, am sanft zum Wasser abfallenden baumbestandenen Hang. Auf der anderen Seite steigt das schilfbestandene Ufer leicht Richtung Süden an, ideal zur Wildbeobachtung.

Zu unserer Linken erhebt sich ein Steilufer mit zerklüfteten Klippen, bevorzugter Aufenthaltsort von Pavianen, deren Bellen ab und zu vom Wind getragen herüber weht. Das Camp selbst besteht aus Zelten, die auf hölzernen, auf Stelzen errichteten Plattformen stehen. Je zwei Betten befinden sich in den grünen Leinwandzelten, über den Betten Moskitonetze, daneben zwei Nachtkästchen. Sanitäranlagen: Oben offene Dusche mit heißem Wasser, eine geschlossene Toilette aus Holz und Binsen. Eine einfache strohgedeckte Küche ganz aus Holz: Erstaunlich, welch schmackhaften Gerichte der Zulu – Koch Nelson mit einfachsten Mitteln zaubert!

In den Hang ist ein strohgedeckter Aufenthaltsraum hinein gebaut. Rattansessel, ein großer hölzerner Tisch, eine Karte des Umfolozi-Wildnisgebietes an der Wand, ein Gästebuch mit Eintragungen aus aller Welt. Nach einem wohlschmeckenden und reichlichen Abendessen, nur von friedlichen Geräuschen des Busches umgeben, versinkt die Sonne sehr schnell, wie üblich in diesen Breiten.

Schon verbreitet ein Lagerfeuer romantische Stimmung, während wir uns kennen lernen und die eben beobachteten Vögel rund ums Camp mit den Abbildungen im Vogelbuch vergleichen. Mit auf dem Trail, der morgen in aller Herrgottsfrühe startet, werden sein: Ian, ein Ranger von englischer Abstammung um die 50, Sippho, ein etwa 25 Jahre alter Zulu, beide in Khaki-Uniform mit dunkelgrünen Schulterklappen (Aufdruck „Natal Parks Board“) und mit je einer dreischüssigen großkalibrigen Flinte versehen, ein älteres Ehepaar aus Cambridge in England, zwei junge athletisch gebaute Neuseeländer und meine Wenigkeit. Normalerweise können 8 Besucher auf einer Wildnis-Wanderung teilnehmen.

Schon um fünf Uhr morgens heißt es aufstehen: Nelson hat ein ausgiebiges Frühstück gemacht, das auf eine anstrengende Wanderung schließen läßt. Doch vorerst müssen wir eine vierzig Kopf starke Büffelherde passieren lassen, die in einer langen Reihe durch den hier etwa 20 m breiten Weißen Umfolozi watet, und direkt unsere Wanderroute schneidet. Bald ist das letzte der schwarzen Ungetüme, deren Hörner sichtbar mit einer festen Hornplatte verbunden sind, verschwunden, und wir ziehen los.

Im Nu sind wir auf etwa 40 m Höhe über dem Fluß angelangt, ein bevorzugter Aufenthaltsort von „Baboons“ (Pavianen), die die relativ kühle Luft, die als Aufwind vom Fluss herauf zieht, genießen. Die Paviane sitzen tagsüber direkt auf den Klippen, die steil zum Flussufer hin abfallen.

Durch schütteren Bewuchs ziehen wir flussabwärts. Langsam wird es heiß. Wir erfahren, was es heißt, an einem der ersten „trails“ in der Saison teilzunehmen. Im Sommer (November bis Mitte März) werden keine Wanderungen durchgeführt. Dann artet der Spaß der Wanderung durch die stechende Hitze eher in Folter aus.

Willkommen ist ein Wäldchen von schattenspendenden Sycamor- Bäumen (Ficus sycomorus) direkt am Flussufer, wo wir Rast machen. Sycamoren wachsen in der Regel entlang von Flussbetten, die Rinde grün bis grünlich-gelb, manchmal auch hellbraun. Die Blätter sind behaart. Die Früchte wachsen in großen Trauben an Zweigen und Ästen. Bis in Brusthöhe sind die Bäume mit einer braunen Schicht bedeckt. „Die Rhinos werden von Zecken geplagt. Sie wälzen sich deshalb im Schlamm, lassen diesen trocknen, und reiben sich dann an Bäumen die festgebackenen Zecken von der Haut“, erklärt Ranger Ian.

Nashorn im Umfolozi Nationalpark, Südafrika

Nashorn im Umfolozi Nationalpark, Südafrika

 

Zunächst betrachten wir skeptisch, wie er sich seiner Kleidung entledigt, und im schlammbraunen Wasser bäuchlings planscht. Denn im Sitzen reicht das Wasser nur bis zum Bauchnabel. Bald tun es ihm einige von uns gleich. Abkühlung bringt das ca. 30 Grad warme Wasser ja nicht, doch es spült das Salz des angetrockneten Schweißes weg.

Nach dieser etwas seltsam anmutenden Zeremonie (man kommt dreckiger ‘raus als man hinein geht) durchwaten wir den knietiefen Fluß, die Wanderschuhe – und Socken in der Hand, wobei wir zunächst im lockeren nassen Sand leicht einsinken. Auf der gegenüberliegenden Sandbank machen wir Rast, um sorgfältig den Sand zwischen den Zehen zu entfernen. Der geübte Wanderer weiß, dass jeder Fremdkörper auf der Haut wegen der Reibung zu schlimmen Hautabschabungen führen kann.

Immer wieder wird auf der Wanderung Rast gemacht. Ian, der unserer Gänsemarsch-Gruppe vorangeht, nützt den Schatten, um Interessantes über Vögel, Bäume und das ab und zu vorsichtig hinter einer Deckung hervorlugende Wild zu erzählen. Hier ein Rudel Impalas, dort der weiße runde „Klodeckel“ um den Schwanz eines grauen Wasserbockes, hier ein bunter Vogel mit dem Namen „Lilac Breasted Roller“ in der ganzen Farbenpracht seiner Federn, dort ein Mopanebaum (Colophospermum mopane) mit seinen schmetterlingsmäßig angeordneten Blättern, eine wertvolle Futterquelle für das Wild.

Lilac-breasted Roller
By: hyper7pro – CC BY 2.0. Gefunden auf Flickr.com unter CC-Lizenz

 

Zwei schwarze „Lehrlinge“, Eric und Isaac, aus den beiden anderen staatlichen Wildreservaten der Gegend Hluhluwe und Mkuze, begleiten uns. Sie lernen begierig, was Ian und Sippho zu erzählen wissen. Oft fragen sie nach der genauen Schreibweise der englischen Namen von Bäumen und Vögeln, die sie eifrig mit Notizblock und Kugelschreiber festhalten, denn schon eine Woche später werden sie die Morgenwanderungen für Touristen in den genannten Wildreservaten leiten.

Wir genießen die leichte Wanderung, abgesehen von der nun herunterknallenden Sonne: Wir folgen den Nashornpfaden durch eine Landschaft mit einmal mehr, einmal weniger dicht zusammenstehenden Bäumen und Büschen. Die Vegetation ändert sich ständig: In der Nähe des Flusses wächst „Kriechgras“, ähnlich dem „LM-Lawn“ in den Gärten in Pretoria, doch hier in Umfolozi bäumt es sich auf, wächst über der Erde und bildet Fallen, die es zu meiden gilt, sonst stolpert man schnell.

Unsere 2-Liter-Wasserflaschen, die als Ausrüstung neben einem Rucksack bereitlagen, werden immer häufiger benützt, vor allem jetzt, da es gilt, einen mittleren Anstieg zu bewältigen. In gutem Tempo ziehen wir bergan: Der Gruppendruck hilft uns, auch bei der großen Hitze zusammenzubleiben. Die jungen Neuseeländer, die noch nie eine derartige Wanderung unternommen haben, und die welterfahrenen drahtigen Engländer geben ihr bestes.

Die willkommene Mittagsrast auf einem Berg mit malerischer Aussicht (360 Grad) bringt nicht nur Entspannung und ein kräftiges Mittagessen, sie verwirrt mich auch. Macht doch der ohnehin schon ohne erkennbare Ordnung dahin ziehende Weiße Umfolozi hier eine 180-Grad-Wendung. Auf der Karte sieht es tatsächliche so aus, als wüsste der Fluß nicht, wo er sich mit dem etwas tieferen Schwarzen Umfolozi treffen sollte, um dann den Namen „Umfolozi“ zu tragen, dessen Wasser sich in 30 km Entfernung in den Indischen Ozean ergießen.

Offenbar befinden wir uns hier auf einer durch den Fluss gebildeten Halbinsel. Beeindruckt stehen wir auf einer Felsenklippe, die 150 m steil zum Fluss hin abfällt, und genießen unser Mittagspicknick, mit Leberpastete, Käse, allerlei Gemüse und mehreren Tassen Tee. Da die verbeulte rußgeschwärzte Teekanne immer dabei ist, und Sippho ein Meister im Feuermachen ist, können wir inmitten unberührter Natur unseren Tee genießen.

 

Südafrika Krüger Park (Nord) Wasserbüffel Großaufnahme

 

Im allmählich sich orangefarben über die unberührte Flusslandschaft ausgießenden Spätnachmittagslicht erreichen wir, nachdem wir mehreren Breitmaulnashörnern in einer spannenden Aktion ausgewichen sind, das Ufer des Umfolozi, dem wir flussabwärts folgen. Auf der gegenüberliegenden Seite weidet eine große Herde Büffel, die sich, als sie uns wahrnimmt, langsam vom Ufer zurückzieht. Das heißt, alle, bis auf zwei Büffel:

Ein Büffelkind hat noch keine Angst vor dem zweibeinigen Raubtier, dem Menschen. Seine Mutter versucht mit allen Tricks, ihr Junges in den Uferwald zu locken, doch dieses will nicht. Wir beobachten das Geschehen gespannt. Bald hat die Mutter genug von dem Spiel, und nach einer Viertelstunde ist das unfolgsame Tierchen allein am Ufer…bis plötzlich zwei erwachsene Büffel am Rande des Uferwaldes erscheinen. Hat die Mami zur Durchsetzung ihrer Wünsche Hilfe geholt? Unsere Gruppe will nicht mehr warten, denn es ist noch weit bis zum Camp, und so verlassen wir die Stätte des Familienstreites, von dem wir nicht wissen, wie er ausgehen wird.

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White Rhino – Breitmaulnashorn

 

 

Die seit einer Stunde wehende kühlende Brise empfinden wir als sehr angenehm. Die Sonne kommt nun von hinten, was unser Wohlbefinden erheblich steigert. Allerdings nähert sich der Wasserspiegel in unseren Feldflaschen dem Nullpunkt!

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