Von Montpellier nach Bilbao – spannende Highlights eines abenteuerlichen Roadtrips

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San Sebastian - Titelbild copyright Olaf Remmers
  

 

Infobox
Autor:Olaf Remmers
Reisezeit:März 2024
Art der Reise:Roadtrip
Lesezeit: 15 Minuten
  

Im ersten Teil (La France) hatte ich über unsere Fahrt von Bilbao über Pau nach Perpignan und weiter nach Montpellier berichtet. Jetzt geht es weiter mit der Abfahrt in Montpellier in Richtung Süden entlang des Mittelmeers.

Unsere Reiseroute

 

 

Über die Pyrenées Oriental zurück nach Spanien

Heute ist Ostersonntag. Wir stehen recht früh auf, räumen unsere Ferienwohnung in Montpellier auf und starten dann auf die lange Autofahrt über Perpignan und die Pyrenäen nach Zaragoza. In Montpellier ist natürlich nichts los am frühen Ostersonntagmorgen und wir sind trotz der auto-unfreundlichen Bedingungen (s. Teil 1) schnell auf der Autobahn. Das anfänglich etwas regnerische Wetter klart sich bald auf und im Sonnenschein fahren wir an unseren vorherigen Aufenthaltsorten Béziers und Narbonne vorbei und erreichen dann wieder Perpignan. Aber wir halten nicht groß an, sondern fahren gleich weiter. Kurz vor Perpignan haben wir immer wieder einen herrlichen Blick auf die schneebedeckten Gipfel der Pyrenäen und verlassen dann bald die Autobahn, die nach Barcelona weiterführt und fahren ab Le Boulou quer in die Pyrenäen nach Arles-sur-Tech, wo wir in einer kleinen, alten Boulangerie drei Pains-au-Chocolat kaufen, die uns später gut munden werden. Die Landschaft wird immer verwegener und einsamer:

Durch eine Art Canyon, den der Fluss Tech geformt hat, gelangen wir schließlich in den ersten größeren Ort Prats-de-Mollo-la-Preste, der bereits recht hoch liegt. Über weitere serpentinenhaften Straßen gelangen wir dann zum Col d’Arès auf 1513 müM an der Grenze zwischen Frankreich und Spanien in Katalonien. Vieles erinnert mich auf diesem Teil der Strecke an das Buch „Toulouse 1940„, in dem Uwe Wittstock beschreibt wie die „Fluchthilfeorganisation“ des Amerikaners Varian Fry, die insbesondere deutschen, kulturschaffenden Juden – die ab 1933 nach Frankreich geflohen waren und nach dessen Eroberung durch Hitlers Wehrmacht in Lagern interniert wurden – in den Jahren 1940/41 half, über die Pyrenäen nach Spanien und Portugal und von dort in die USA weiterzufliehen. Dazu gehörten neben anderen Heinrich und Golo Mann, Hannah Arendt, Franz Werfel, Lion Feuchtwanger, Max Ernst und hunderte Weiterer.

Blick vom Pass Col d’Arès auf 1513 müM an der Grenze zwischen Frankreich und Spanien in Katalonien auf die noch im April schneebedeckten Pyrenäen [Bild REM]

Auf der spanischen Seite des Passes ist es dann deutlich belebter und ein Ort folgt auf den anderen. Hier ist eine richtige Urlaubsregion mit vielen Hotels und anderen Unterkünften, die trotz der geringen Temperaturen in der aktuellen Semana Santa viel genutzt werden. Wir kommen durch Camprodon und andere Ortschaften, die für die Bevölkerung von Barcelona in den Sommermonaten sicherlich angenehme Kühle versprechen. Dann tanken wir günstig in Ripoll, wo unser Sohn per Handy eine entsprechende Tankstelle aufgetan hat. In Spanien ist der Treibstoff ohnehin deutlich günstiger als in Frankreich. Von hier geht es über Vic und Manresa auf der sehr gut ausgebauten vierspurigen Straße nach Lleida. Die Gegend ist abgesehen von diesen Städten recht einsam und es ist nicht viel los. Vor Lleida begleitet uns eine Weile ein Gebirge, dessen Profil sehr geeignet für eines dieser modernen Brotmesser wäre, deren Sägezähne Gebirgslandschaften nachempfunden sind. Leider finden wir nicht heraus, wie es heißt. Für Straßen, Flüsse und Ortschaften ist GoogleMaps sehr geeignet, jedoch für die Identifikation von Landschaften und Gebirgszüge weniger.

Zaragoza – Hauptstadt der autonomen Gemeinschaft Aragón

Schließlich kommen wir gegen 18 Uhr nach über 500 km Fahrt an unserem Ziel in Zaragoza in Aragón an, das ich aus der Vergangenheit von Besuchen im hiesigen Opel-Werk bereits kenne. Aber das ist eine ganze Weile her. Wir sind im zentralen Boutique-Hotel „Avenida“ untergebracht, wo wir zwei schöne Zimmer im renovierten Teil des Hotels reserviert haben. Es sind nur gut 10 Grad und es ist bewölkt, aber ab und zu kommt doch die Sonne durch. Wir machen uns gleich per pedes in die nahe Innenstadt auf, die recht gut besucht ist, da die Spanier nach einem ausgedehnten, sonntäglichen Mittagessen zahlreich in der 700.000-Einwohner-Stadt unterwegs sind. Übrigens wird die Stadt auf deutsch häufig Saragossa geschrieben.

Das Zentrum von Zaragoza ist – wie auch in vielen anderen spanischen Städten – am Sonntagnachmittag besonders busy [Bild REM]

Nach dem Besuch der riesigen Basilika del Pilar im Zentrum lassen wir uns im Touristenbüro beraten, wo es empfehlenswerte Restaurants zum Abendessen gibt. Das ist nämlich eine Herausforderung, da es in Spanien kaum etwas vor 21 Uhr gibt, wir aber aufgrund des ausgefallenen Mittagessens bereits jetzt Hunger haben. Und das ist in Spanien eigentlich nicht vorgesehen. Der Tourismusbüro-Mitarbeiter scheint leider auch neu in der Stadt zu sein, denn er schickt uns in eine Art abgewrackten „Red-Light-District“, wo alles verdreckt und überdies geschlossen ist. Wir orientieren uns aber schnell anders und finden in der riesigen Avenida Independência zahlreiche gute Restaurants, die wir gerne nutzen würden, die aber ausnahmslos am Sonntagabend geschlossen sind oder erst sehr spät öffnen. Schließlich haben wir doch Glück und unser Sohn reserviert uns in einem kleinen und einfachen Restaurant online einen Tisch für 19 Uhr. Das ist die große Ausnahme und wir sind happy. Und das Essen ist auch noch recht gut.

Die eindrucksvolle, riesige Basilika del Pilar beherrscht das Zentrum von Zaragoza [Bild REM]

Arkaden an der Avenida Independência mit zahlreichen guten Restaurants, die alle nicht vor 21 Uhr öffnen [Bild REM]

Wir schlafen dann recht gut in unserem Hotel und nach einem ausgezeichneten spanischen Frühstück machen wir uns auf den Weg zur nahen Markthalle, die bereits früh geöffnet hat. Hier ist alles sehr sauber und sehr appetitlich, so dass wir Einiges für die nächsten Tage in Bilbao einkaufen. So können wir unser Prinzip, mittags essen zu gehen und am Abend „zu Hause“ zu vespern, fortsetzen. Das hat auch den Vorteil, dass es mittags weitaus preiswerter, aber genauso gut ist wie abends. Am nahen durch römische Ausgabungen geprägten Plaza César Augusto steht die Kirche San Juan de los Panetes mit einem schiefen Turm wie in Pisa! Das überrascht uns – haben wir doch noch nie etwas davon gehört. Der nahe Rio Ebro, der mitten durch Zaragoza fließt, führt Hochwasser, das wir von einer der zahlreichen Brücken beobachten können. Dann begeben wir uns zu unserem Auto, das in einer nahen Tiefgarage steht und machen uns auf die Weiterfahrt in Richtung Norden.

Die Markthalle von Zaragoza am Plaza César Augusto [Bild REM]

Aus der Markthalle ist die Kirche San Juan de los Panetes mit einem schiefen Turm wie in Pisa gut erkennbar [Bild REM]

Auf Fliesen verewigt: Die Basilika del Pilar oberhalb des Rio Ebro im Zentrum von Zaragoza [Bild REM]

Beim Verlassen Zaragozas kommen wir an der Aljafería vorbei, das ist der maurische Stadtpalast, dessen älteste Teile aus der Zeit der maurischen Herrschaft (vor allem nach 1065) stammen. Im Laufe der Jahrhunderte wurden mehrfach Anbauten hinzugefügt und verändert. Die letzten größeren Umbauten erfolgten im 19. Jahrhundert und nach dem Zweiten Weltkrieg wurden umfangreiche Freilegungen und Rekonstruktionen durchgeführt. Wirklich sehr schade, dass wir keine Zeit haben, ihn zu besichtigen.

La Rioja – das renommierteste Weinbaugebiet Spaniens

Unser nächstes Ziel ist Logroño, die Hauptstadt des berühmten Weinbaugebietes Rioja, wo die besten Rotweine Spaniens gekeltert werden! Das interessiert uns natürlich persönlich! Wir fahren die ganze Strecke von rund 200 km auf einer mautfreien, meistens vierspurigen Straße, die häufig durch recht einsame Gebiete führt. Logroño erscheint zunächst als hässliche Stadt, die vom Sozialwohnungsbau geprägt zu sein scheint. Aber sie entpuppt sich im Zentrum doch als rechts attraktiv. Nachdem wir wieder in einer Tiefgarage geparkt haben, gelangen wir bald an einen großen Platz mit zahlreichen Bäumen und vielen Restaurants rundherum. Im Gegensatz zu Zaragoza ist in der autonomen Region Rioja heute (Ostermontag) ein Feiertag und alle Geschäfte sind geschlossen! Damit hatten wir nicht gerechnet. Dafür sind die Bars und Restaurants gut besucht und alle Einheimischen genießen ihr Glas Bier oder Wein an Tischen im Freien, obwohl es zwar sonnig, aber doch kühl ist. Wir finden dann ein gutes Restaurant und im Untergeschoss bekommen wir einen attraktiven Tisch und ein sehr gutes Menü.

Im Zentrum von Logroño, der Hauptstadt des Rioja [Bild REM]

Dann geht’s weiter quer durch das Rioja in Richtung Bilbao. Kurz nach Logroño treffen wir bereits auf das Grenzschild „País Vasco“, wir sind also schon im Baskenland. D.h. das Weinbaugebiet Rioja (Denominación de Origen Calificada) befindet sich zu beiden Seiten des Rio Ebro in den drei autonomen Regionen La Rioja, Baskenland und Navarra.

Leider kennen wir uns in Rioja nicht so sehr gut aus und fahren zunächst zur Bodega Marqués de Riscal“, die zwar sehr bekannt ist, aber unseres Erachtens leider keine sehr guten Weine produziert. Insbesondere ist neben den Weinen deren Fünfsterne-Hotel und das vom Architekten Frank Gehry ebenso wie das Guggenheim-Museum in Bilbao erstellte Gebäude bekannt. Trotz des Feiertags ist der Shop geöffnet, aber wir können keine Tour mehr wahrnehmen, sondern müssen uns auf ein Bild aus einiger Entfernung beschränken. Irgendwie macht uns der aus deutschen Supermärkten bekannte Wein auch nicht an und wir kaufen lediglich eine Flasche Rosé. Wir fahren durch die vom Weinbau geprägte, hügelige Landschaft und sind begeistert vom Weinbau im Vordergrund und den schneebedeckten Gipfel der Picos de Europa im Hintergrund. Wir fahren dann bis in den Ort Haro, wo die uns sehr bekannte Bodega Muga ist, von der wir schon häufig Wein genossen haben. Aber genau wie die zahlreichen Bodegas auf unserem  Weg, ist auch die große Kellerei Muga am heutigen Feiertag geschlossen – das ist wirklich schade!

Weinbau im Rioja [Bild REM]

Unverrichteter Dinge fahren wir dann nach Bilbao weiter. Schon sehr kurz nach Haro fahren wir durch einen recht kurzen Tunnel und gleich danach ändert sich das Landschaftsbild total: Anstelle der sehr trockenen und bräunlichen Weinanbauflächen wird es jetzt ganz grün und saftig, aber es gibt überhaupt keinen Wein mehr! Das überrascht uns doch!

Zurück im Baskenland – Bilbao

Die gebirgige Landschaft führt immer weiter bergab und plötzlich werden wir von einem sehr heftigen Regen- und Hagelschauer überrascht. Das ist wahrscheinlich typisch und daher rührt auch die so grüne Landschaft! Der Regen bleibt und wir nähern uns Bilbao. Über zahlreiche Schnellstraßen und Autobahnen kommen wir ins Zentrum und erreichen das Appartement unseres Sohnes, das direkt gegenüber dem Guggenheim-Museum liegt. Parkplätze sind hier absolute Rarität und wir laden unser Auto schnell vor einer Tiefgarageneinfahrt aus, die am heutigen Feiertag glücklicherweise nicht sehr frequentiert ist. Während wir alles in die kleine Wohnung tragen, fährt er sein Auto in die reservierte Tiefgarage in der Nähe. Bei einem guten Vesper mit unseren Einkäufen aus Zaragoza klingt der Abend aus.

 

Am Dienstmorgen muss unser Sohn arbeiten, während meine Frau und ich uns in Bilbao umschauen. Das Wetter ist zunächst herrlich und ein strahlendblauer Himmel begleitet unseren Weg. Zunächst besuchen wir das vielgepriesene „Museo de Bellas Artes“. Leider gefällt uns das Museum gar nicht, da wir die Exponate kaum verstehen, denn alles ist nur auf Baskisch mit spanischer Übersetzung erklärt – kein Englisch, kein Französisch, geschweige denn Deutsch. Schade. Schon bald verlassen wir das Museum und machen uns auf den Weg durch die nahe Innenstadt Bilbaos mit vielen schönen Geschäften. Meine Frau kauft ein paar Kleinigkeiten für unseren temporären lokalen Haushalt, in dem vieles fehlt. Wir besuchen dann wieder das riesige ehemalige Weinlager, in dem ich schon im Februar gewesen war (siehe „Spanien: Per Express ins Baskenland„) und das für Kultur und Kunst des Baskenlandes steht. Zum Mittagessen treffen wir uns um 13:30 Uhr in dem japanischen Restaurant „Nikko“, wo wir sehr gut und relativ preiswert essen.

Im Zentrum von Bilbao [Bild REM]

Am Nachmittag besuchen wir das nahegelegene Guggenheim-Museum, das uns nicht nur aufgrund des sehr beeindruckenden Gebäudes des Architekten Frank Gehry sehr gut gefällt, sondern auch die Exponate mit Erklärungen in vier Sprachen sind sehr eindrucksvoll. Die aktuelle Sonderausstellung von Giovanni Anselmo ist ebenfalls außergewöhnlich. Auf rund 11.000 m² wird zeitgenössische Kunst des 20. Jahrhunderts ausgestellt. Im frei zugänglichen Außenbereich sieht man neben der mit Blumen bedeckten 12 m hohen Hundeskulptur „El Puppy“ von Jeff Koons auch die sechs Meter hohe Riesenspinne „Maman“ von Louise Bourgeois, die zudem in der Nähe von fliegenden Händlern als kleines Drahtmodell angeboten wird.

Die sechs Meter hohe Riesenspinne „Maman“ von Louise Bourgeois vor der Brücke über den Rio Nervión [Bild REM]

Die 12 m hohen Hundeskulptur „El Puppy“ von Jeff Koons, die vor dem Museumseingang ein attraktives Fotomotiv für zahlreiche Touristen aus aller Herren Länder darstellt. [Bild REM]

Leider hat sich das Wetter seit dem Mittag deutlich verschlechtert, trotzdem genießen wir nach dem Guggenheim-Besuch ein Glas Bier bzw. Wein auf der überdachten Terrasse des Museums. Allerdings werden wir hier bald vom aufziehenden Sturm vertrieben und ziehen uns ins nahe Appartement zurück.

San Sebastián (baskisch Donostia) – Traumstadt an der Concha

Am Mittwochmorgen frühstücken wir früh und gehen mit unserem Sohn zusammen zu seinem 40stöckigen Büroturm „Iberdrola„, wo er uns sein dort geparktes Auto übergibt und wir im herrlichen Sonnenschein über die Autobahn 80 km bis nach San Sebastián fahren. Wir gelangen gut ins Zentrum und parken in einer der zahlreichen Tiefgaragen nicht weit entfernt von der Altstadt und dem Strand. Ich war ja schon sehr häufig in San Sebastián, aber in erster Linie zum Arbeiten, allerdings auch immer verbunden mit Altstadt-Besuchen und gutem Essen. Meine Frau ist endlich zum allerersten Mal in San Sebastián, nachdem sie schon soviel davon gehört hat! Zunächst gehen wir an der sonnigen Promenade oberhalb des Strandes entlang, die an diesem ersten schönen und warmen Tag seit langem schon recht busy ist. Wir sehen sogar einige Badende! Vorbei am „Hotel de Londres y Inglaterra“ genießen wir die Aussicht auf die Concha (nunmehr in Baskisch „Kontxa“ geschrieben) und begeben uns dann in das nahe Zentrum.

Der aufgrund der Temperaturen noch sehr leere Strand an der Concha von San Sebastián [Bild REM]

Meine Frau ist ganz begeistert von der Qualität und Quantität der zahlreichen Geschäfte, obwohl wir eigentlich nichts brauchen. Aber es gefällt ihr einfach gut – und das ist schön. Die ehemalige Markthalle ist leider zu einem McDonald’s und einem Sportgeschäft umgebaut worden – das ist sehr enttäuschend. Dann begeben wir uns in die nahe Altstadt, die ich eigentlich nur abends mit zahlreichen Pintxos-Bars und Restaurants kenne. Aber zur Begeisterung meiner Frau gibt es viel interessante Geschäfte, die wir durchstreifen.

In der Altstadt von San Sebastián (Donostia) [Bild REM]

In San Sebastián gibt es viele elegante Straßen und Häuser [Bild REM]

Puente de María Cristina über den Rio Urumea [Bild REM]

Dann gehen wir zum nahen Hafen und zum Fisch-Restaurant „La Rampa“ ganz am Ende, wo mein Sohn und ich unlängst sehr gut den berühmter „Rodaballo“ (Steinbutt) gegessen haben. Leider ist heute Ruhetag. Die in der Nähe befindlichen Restaurants gefallen meiner Frau nicht, so essen wir schließlich in der Altstadt in einem Restaurant, wo wir eine Paella mit Pulpo genießen. Das schöne, sonnige und trockene, aber trotzdem windige Wetter animiert uns, weiter durch die Stadt zu streifen, wozu ich in der Vergangenheit nie Zeit hatte. Dann machen wir uns auf den Rückweg, aber nicht wieder über die schnelle Autobahn, sondern ähnlich wie mit meinem Sohn unlängst über die Küstenstraße entlang der Biskaya. Wir machen Stops in Deda und in Ondarroa, wo wir die herrlichen Aussichten genießen. Eine abenteuerliche Strecke führt uns dann in das berühmt-berüchtigte Guernica, wo wir aber lediglich in einem Supermarkt einkaufen, ohne in die Stadt zu fahren. Eine zunächst sehr ländliche und kurvige Landstraße mit zahlreichen Radfahrern geht dann plötzlich in eine vierspurige Straße über und wir gelangen schnell ins Zentrum von Bilbao und zum „Torre Iberdrola„, wo er das Auto übernimmt und in die Tiefgarage fährt. Übrigens sind die Balkons, Restaurants und Geschäfte mehr und mehr mit den rot-weiß gestreiften Flaggen des lokalen Fußballclubs „Athletic Club Bilbao“ geschmückt, da am kommenden Samstag das Fußball-Endspiel des „Copa del Rey“ gegen Real Mallorca stattfindet, das mit dem DFB-Pokal vergleichbar ist. Athletic Bilbao war das letzte Mal vor 40 Jahren (1984!!) erfolgreich – dementsprechend aufgeregt sind die Fans und die ganze Stadt, die jetzt endlich wieder die Chance hat, den Pokal zu gewinnen. Wir drücken ihnen die Daumen! Von dem Büroturm aus laufen wir ins nahe Appartement und genießen unser abendliches Vesper mitsamt einem guten Rioja.

Brücke in Ondarroa an der Biskaya [Bild REM]

Richtung Westen nach Kantabrien mit Santander

Am Donnerstagmorgen ist es wieder sehr sonnig und es ist glücklicherweise für den ganzen Tag gutes Wetter angekündigt. Das nutzen wir, um in die nahe Autonome Provinz Kantabrien, westlich des Baskenlandes, zu fahren. Über die Autovia del Cantábrico und die auch hier wunderschöne, grüne und bergige Landschaft erreichen wir schon bald unser erstes Ziel Castro-Urdiales. Die mittelgroße Stadt ist durch große Strände (Playa Oostende) geprägt, die sich quasi bis in die Stadt hineinziehen. Wir parken in einer Tiefgarage direkt am Hafen und sehen schon von hier die das Bild prägende Burg Santa Ana, die maurischen Ursprungs ist und aus dem 11. Jahrhundert stammt. Sie liegt sehr malerisch auf einem Felsen direkt oberhalb des Hafens und trägt darüber hinaus einen Leuchtturm jüngeren Datums. Direkt neben der Burg befindet sich die Kirche Santa Maria de la Asunción, die wir im Gegensatz zur Burg auch betreten und besichtigen können. Der Ort selbst ist sehr ursprünglich und durch viele Cafés und Restaurants mit Blick auf den Hafen und das Meer geprägt. Wir machen einen interessanten Rundgang und fahren dann weiter in Richtung Westen nach Santander.

Links die Kirche Santa Maria de la Asunción und rechts das Castello Santa Ana maurischen Ursprungs aus dem 11. Jh. am Hafen von Castro-Urdiales [Bild REM]

Die uralten Arkaden von Castro-Urdiales laden zum Verweilen ein [Bild REM]

Palmenbestandene Plaza von Castro-Urdiales [Bild REM]

Zunächst fahren wir auf einer schönen Nebenstrecke und überholen dabei zahlreiche Pilgerer mit Rucksack, die auf dem Camino de Santiago sind („Jakobsweg“, bekannt durch Hape Kerkelings Buch „Ich bin dann mal weg“) – das ist vielleicht doch nichts für uns. Das Wetter ist herrlich sonnig und es wird immer wärmer. Allerdings zieht sich die Strecke auf den kleinen Straßen ziemlich in die Länge, so dass wir dann doch wieder die hier sogar kostenlose Autobahn nehmen. Dann kommen wir nach Santander hinein, das eine sehr große Stadt ist, die wieder durch Hafen und Strände geprägt und im Sommer ein sehr beliebter Badeort ist. Nur mit Mühe finden wir eine Tiefgarage und besichtigen dann die Hauptstadt Kantabriens, die insbesondere durch die größte Bank Spaniens, die „Banco Santander“ bekannt ist, die auch in Deutschland zahlreiche Filialen hat. In der ehemaligen Markthalle reservieren wir in einem netten Restaurant gleich einen Tisch für das Mittagessen und haben dann einige Stunden Zeit, die sehr lebhafte Stadt zu erkunden. Es gibt viele Geschäfte, noch mehr Kneipen und Restaurants und eine riesige Kathedrale, die unverständlicherweise bis zum späteren Nachmittag geschlossen ist. Am ehemaligen Hafen gibt es einen großen, palmenbestandenen Park und ein äußerst modernes Kulturzentrum mit zahlreichen Treppen und Plattformen in Edelstahl, die einen tollen Blick auf die Stadt und das Meer erlauben. Nach einem sehr guten Mittagessen und einem Glas spanischen Rosé (hier Rosado genannt) fahren wir noch weiter in Richtung Westen.

In Santander wütete im Jahr 1941 ein Großbrand, der während zweier Tage einen Großteil der Stadt vernichtete. Es gab ein Todesopfer und Tausende von Familien wurden obdachlos. Der Brand zerstörte den gesamten historischen Teil Santanders fast vollständig. Auch die gotische Kathedrale wurde zerstört, aber später wieder aufgebaut. Der gesamte Wiederaufbau der Stadt veränderte die historische, urbane Konfiguration der Stadt zum Teil sehr stark.

Plaza Porticada in Santander [Bild REM]

Das moderne Kulturzentrum von Santander liegt direkt am Alten Hafen [Bild REM]

Unser letztes Ziel heute ist der mittelalterlich Ort Santillana del Mar, das trotz des Namens gar nicht direkt am Meer liegt. Er ist nur zu Fuß auf Kopfsteinpflaster zu begehen, was leider recht viele Touristen tun. Sehr eindrucksvoll ist die romanische Kirche aus dem 10. Jahrhundert mit einem wunderschönen Kreuzgang, der in der Sonne herrliche Schattenspiele bietet. Es ist uns aber zu touristisch hier und die zahlreichen Souvenirläden finden auch nicht unser Interesse, so dass wir schon bald weiterfahren. Meine Frau hat leider keine Lust mehr, die nahe, weltberühmte Höhle Altamira mit steinzeitlichen Malereien zu besichtigen. Das ist schade. Allerdings ist die Höhle selbst bereits seit 1979 für Besucher gesperrt, da die Malereien zu sehr unter der feuchten Atemluft leiden, aber es gibt direkt danebenliegend eine Kopie in Originalgröße, die man besuchen könnte.

Die romanische Kirche „Colegiata de Santa Juliana“ aus dem 12. Jh. in Santillana del Mar [Bild REM]

Kreuzgang der „Colegiata de Santa Juliana“ [Bild REM]

So fahren wir zurück auf der Autobahn die rund 120 km bis Bilbao, geben das Auto in der Tiefgarage am Torre Iberdrola ab und treffen uns dann zum Dämmerschoppen auf der nahen Terrasse des Guggenheim. Abends gib es wieder Vesper in „unserer“ Wohnung.

Abschied von Bilbao mit dem Sieg im Copa del Rey

Heute haben wir nicht vor, noch eine weitere Fahrt zu unternehmen, sondern bleiben in Bilbao, das bei recht schönem und trockenem Wetter auch Einiges bietet und das wir mit über 15.000 Schritten erkunden. Zuerst laufen wir quer durch die Altstadt Casco Viejo zum Mercado Rivera, wo ich schon im Februar gewesen war. Aber so toll ist er auch nicht. Dann trinken wir in der Altstadt einen Café con Leche und gelangen später zufällig an einen sehr schönen Laden des Solinger Messerwerkes „Zwilling“, der sehr gute Angebote hat, wo wir aber nur eine Kleinigkeit für die temporäre Wohnung erstehen. Die Häuser und Balkons werden in Erwartung des morgigen Copa del Rey immer mehr und mehr mit rot-weißen Flaggen geschmückt. Eigentlich kann und darf sich kein einziger Laden dem entziehen und viele haben sogar ihre Angebote an Klamotten oder Möbeln weitestgehend in Rot-Weiß gestaltet. Es ist unglaublich – wir geraten auch ins Fieber! Ich erstehe eine rot-weiße Blechdose mit Emblem des Athletic Club Bilbao mitsamt Schokolade als Souvenir.

Dieser Apotheker scheint ebenfalls ein Fan des Athletic Club Bilbao zu sein [Bild REM]

Und diese Konditorei unterstützt die Fußballer ebenfalls aus vollen Kräften [Bild REM]

Am Nachmittag macht unser Sohn anlässlich des Freitags in spanischer Manier bereits um 15 Uhr Feierabend und wir haben uns zum gemeinsamen Mittageseen im Restaurant „Zapirain“ verabredet. Abends gäbe es vor 21 Uhr keinen Tisch und das wollen wir nicht und mittags ist 15 Uhr für spanische Verhältnisse nicht unüblich und es kommen noch Gäste nach uns. Wir genießen das tolle Essen in dem wunderschönen Restaurant richtig! Als Vorspeise gibt es traumhafte, baskische Fischbällchen und als Hauptgericht bestellen wir einen riesigen Rodaballo (Steinbutt), der hervorragend schmeckt. Dazu bestellen wir eine Flasche französischen Rosé. Das letzte Highlight ist ein toller Nachtisch nicht unbeträchtlichen Umfangs. Es ist zwar nicht billig, aber sehr gut!

Das Jugendstil-Kino „Teatro Campos Elíseos“ von 1902 [Bild REM]

Der Bahnhof „Estación de Bilbao Concordia“ [Bild REM]

Am Nachmittag bewegen wir uns weiter durch die Stadt, um die 15.000 Schritte zu komplettieren. Ein Abendessen benötigen wir dann aber nicht mehr. Meine Frau hat dann schon genug, aber wir begeben uns noch auf das Rooftop (Dachterrasse) des „Gran Hotel Domine„, von wo wir in der herrlichen, lauwarmen Abendbrise einen genauso herrlichen Blick auf das Guggenheim haben und zwei Glas Txacolí genießen, dem berühmten, sehr trockenen, baskischen Weißwein.

Abendlicher Blick vom Rooftop des „Gran Hotel Domine“ gegenüber des Guggenheim [Bild REM]

Am Samstagmorgen packen wir nach dem Frühstück noch vollends unsere Koffer und machen einen Spaziergang in der näheren Umgebung der Wohnung. Das Wetter ist nicht ganz so schön wie gestern, aber trotzdem weiterhin trocken und häufig sogar sonnig. Viel ist heute Morgen allerdings nicht los. Nach einem kurzen Mittagessen in der Wohnung fährt unser Sohn uns zum Flughafen raus, der nur 15 min entfernt ist. Da wir schon gestern online eingecheckt haben, bringt er uns gleich nach Abgabe der Koffer (Meine Frau lässt sich von einem freundlichen LH-Mitarbeiter überzeugen, auch ihr Handgepäck aufzugeben) an die Sicherheitskontrolle, wir verabschieden uns – er wird schon in drei Wochen gemeinsam mit seiner Freundin nach Deutschland zurückfahren – und begeben uns zum glücklicherweise nahen Gate. Sixt macht wieder eine gute Werbung: „Entre pintxo y pintxo, un AUDI Q5″ – gefällt mir. Obwohl wir als Gruppe 5 vorgesehen sind, kriegen wir schnell unseren Platz und ich bringe mein nicht ganz kleines, aber zulässiges Handgepäck gut unter. Den zweistündigen Flug nutze ich, mein Tagebuch fast abzuschließen.

In Frankfurt reicht die Zeit von 70 min gerade, um umzusteigen und auch unsere Koffer kommen überraschenderweise mit, wie wir später feststellen werden. Wir kommen pünktlich um 18 Uhr in Stuttgart an und während meine Frau das Nötigste am Flughafen einkauft, rufe ich unseren Autofritzen an, der uns im Handumdrehen abholt und zu unserem im SI geparkten Auto bringt. Die fehlende Quittung benötigen wir nicht. Über Stuttgart gelangen wir schnell nach Hause und sind doch froh, nach dieser wunderschönen und sehr ereignisreichen Reise wieder in unseren eigenen Betten schlafen zu können.

Währenddessen spielt der Athletic Club Bilbao am Abend im Olympiastadion Sevilla nach einem anfänglichen Rückstand gegen Real Mallorca sehr erfolgreich! Nach dem Ausgleich durch Oihan Sancet in der zweiten Halbzeit erspielte sich Bilbao einige vielversprechende Chancen, verpasste es in der regulären Spielzeit incl. Nachspielzeit aber, weitere Tore zu erzielen, so dass sie dann 1:1 endete. Im anschließenden Elfmeterschießen hatte Bilbao  dann die besseren Nerven und das Endspiel endete nach dem Elfmeterschießen mit 5:3 für den Athletic Club Bilbao! Nach 40 Jahren und fünf verlorenen Endspielen gewann Bilbao damit seinen 24. Sieg im Copa del Rey, der in den nächsten Tagen enthusiastisch gefeiert wurde! Interessant ist übrigens, dass der Verein immer noch der ungeschriebenen Regel folgt, nur Spieler zu nominieren, die im Baskenland geboren oder hier wenigstens ihre Fußballausbildung erhalten haben. Das ist zwar umstritten, aber trotzdem erfolgreich, wie wieder bewiesen wurde! Die Basken sind eben doch ein spezielles Völkchen!

Jubelnde Fußballfans an der Puente Zubizuri [Bild REM]

Die traditionelle Siegesparade des Athletic Club Bilbao auf dem Rio Nervión [Bild REM]

Feiernde Menschenmassen rund um das Guggenheim-Museum [Bild REM]

Das war also der zweite und letzte Teil des Berichtes über unseren Roadtrip durch den Norden Spaniens und den Südwesten Frankreichs, der uns wieder viele unvergessliche Eindrücke und Erinnerungen beschert hat. Wir haben die Reichhaltigkeit und Schönheit dieser Landstriche erlebt, die so viel zu bieten haben. Wir haben die vielfältige Kultur, die reiche Historie, die eindrucksvollen Landschaften und die breit gefächerte Gastronomie dieser Orte genossen, die uns alle begeistert haben. Ich hoffe, du hast meinen Reisebericht ebenfalls genießen können und vielleicht auch Lust bekommen, die eine oder andere Gegend selbst einmal zu besuchen. Vielen Dank für dein Interesse!

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