Spanien: Semana Santa in al-Andalus الأندلس – Karwoche in Andalusien

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Infobox
Autor:Olaf Remmers
Reisezeit:April 2019
Art der Reise:Selbstorganisierter und -finanzierter Roadtrip
Lesezeit: 14 Minuten
  

Unsere Reise nach Andalusien, die 2019 – also glücklicherweise noch vor der Corona-Pandemie – stattfand, wurde ursprünglich angeregt durch einen faszinierenden Bericht über die Mezquita-Catedral de Córdoba (Kathedralmoschee von Córdoba), den wir im Fernsehen sahen. Den Besuch Andalusiens haben wir dann in der Karwoche realisiert, um an den berühmten Prozessionen, die in Andalusien von Hermandades (Bruderschaften) organisiert werden, teilnehmen zu können. Aber es gab noch viele weitere Highlights, die ich im nachfolgenden Bericht vorstellen möchte. Als Reisezeit war uns Ostern sehr angenehm, da wir die große Hitze in den Sommermonaten scheuen, aber im März/April ist es teilweise noch recht kalt (Granada!) und wir haben viel gefroren. Nur in Sevilla und Málaga war es bereits angenehm warm.

Die Semana Santa ist zwar außerordentlich interessant, aber auch sehr teuer – man muss in dieser Woche mindestens mit den doppelten, teilweise mit den dreifachen Preisen in den Hotels rechnen, da eigentlich ALLE Spanier und viele Touristen unterwegs sind.

Unsere Reiseroute

Málaga

Wir haben einen Direktflug von Stuttgart nach Málaga, der zweitgrößten Stadt Andalusiens und an der sogen. Costa del Sol gelegen, wo wir am späten Nachmittag bei herrlichen 20 Grad ankommen. Da wir in der Stadt kein Auto benötigen und außerdem die Parkgebühren sparen wollen, fahren wir per Taxi zum Hotel und werden unseren Mietwagen erst einige Tage später vor dem Verlassen der Stadt abholen. Wir wohnen vier Tage im Hotel „Vincci„, das am fast völlig ausgetrockneten Rio Guadalmedina in unmittelbarer Nähe der Altstadt liegt. Unser Zimmer und das Frühstück sind gut, wenngleich es beim Frühstück immer sehr eng zugeht. Abends gehen wir in das nahe Centro und essen schließlich gut und sehr reichlich in einem argentinischen Restaurant, das uns an alte Zeiten in Buenos Aires erinnert. Hier isst man abends bekanntlich sehr spät und vor 20 Uhr gibt es gar nichts.

Am nächsten Morgen begeben wir uns auf den Weg zur Besichtigung der maurischen Burg Alcazaba aus dem 11. Jh. Der Fußweg ist steinig, steil und anstrengend, erlaubt uns aber einen herrlichen Blick auf Málaga incl. Stierkampfarena und Hafen. Leider ist die Alcazaba heute nur noch eine Ruine. Málaga war ab 711 in maurischer Hand und wurde in Zuge der sogen. Reconquista (christliche Rückeroberung) erst 1487 von Kastilien eingenommen. Auf dem Rückweg besichtigen wir die Reste des unterhalb der Alcazaba liegenden römischen Amphitheaters.

Blick auf den Hafen von Málaga (mit zwei Kreuzfahrtschiffen) während des steilen Fußwegs zur  Ruine der maurischen Burg [Bild REM]

Die maurische Festung Alcazaba aus dem 11. Jh. [Bild REM]

Der Weg hinauf zur Alcazaba [Bild REM]

Die Reste des unterhalb der Alcazaba liegenden römischen Amphitheaters [Bild REM]

Am Nachmittag werden wir zum ersten Mal Zeuge einer der zahlreichen Prozessionen, die insbesondere in Andalusien als Zeichen der tiefverwurzelten Volksfrömmigkeit während der Semana Santa (Karwoche) praktiziert werden. Wir sind wirklich schwer beeindruckt von dem Umzug, an dem teilweise mehrere Hundert Personen teilnehmen und die bei der Heimatkirche der jeweiligen Bruderschaft beginnen und durch die halbe Stadt führen. Die Prozessionen setzen sich aus den sogen. Pasos (Plattform auf der die Heiligenfiguren aus den jeweiligen Kirchen in einer Art Wiegeschritt durch die Stadt transportiert werden) mit ihren Trägern und Begleitern, den Nazarenos (Mitglieder der Bruderschaften, die während der Prozessionen die Büßer mit der charakteristischen Spitzhaube darstellen) und den Musikkapellen zusammen.

Nazarenos im Zentrum von Málaga am Beginn der Prozession [Bild REM]

Der hunderte kg schwere Paso, der im Wiegeschritt durch die Stadt „geschleppt“ wird [Bild REM]

Am Abend essen wir in einem baskischen Restaurant wunderbare Pinxos (im hiesigen Teil Spaniens eigentlich Tapas genannt), also vorbereitete Häppchen mit Fisch, Schinken, Shrimps oder anderen Köstlichkeiten. Dazu gibt es den typisch baskischen Weißwein Txacolí. Gleich um die Ecke stoßen wir am späteren Abend, d.h. im Dunkeln, auf eine weitere der zahlreichen Prozessionen, die von Polizisten gut geschützt sind, damit weder die Träger, die kaum etwas sehen, noch die zahlreichen Zuschauer in Mitleidenschaft gezogen werden.

Dicht an dicht und im Gleichschritt wird der Paso getragen und auf Kommando abgesetzt, damit die Träger eine kurze Verschnaufpause von ihrer anstrengenden Arbeit haben [Bild REM]

Auch Kinder sind bereits als Nazarenos aktiv [Bild REM]

Nach der kurzen Pause zieht die Prozession weiter [Bild REM]

Am nächsten Vormittag machen wir bei schönstem Wetter eine Tour durch Málaga mit dem offenen Hop-On-Hop-Off-Bus und genießen schließlich direkt am Strand in einem guten Restaurant einen hervorragenden Fisch. Von diesen herrlichen Wetterbedingungen werden wir bald nur noch träumen, wenn wir in die Berge nach Granada und Córdoba kommen werden.

Dieser Bus führt uns durch die Stadt [Bild REM]

Leuchtturm am Wendepunkt des Hop-On-Hop-Off-Busses [Bild REM]

Am Nachmittag besichtigen wir in Picassos Geburtsstadt natürlich das „museoPICASSOmálaga“ , das uns mit seinen zahlreichen Exponaten sehr beeindruckt. Leider ist das nahegelegene „Museo Carmen Thyssen“ , das die Namensgeberin 2010 eröffnet hat, heute geschlossen. Stattdessen statten wir dem „Centro Pompidou de Málaga“ einen Besuch ab, wo wir nicht nur mehr als 80 Werke großer Künstler wie Picasso, Miró, Magritte, Frida Kahlo und Giacometti bewundern, sondern darüber hinaus noch sehr moderne Kunstwerke weniger bekannter Künstler, die uns umso mehr beeindrucken. Das Museum ist in dem modernen Gebäude „El Cubo“ am Hafen mit Blick auf die Bucht untergebracht.

Innenhof des museoPICASSOmálaga [Bild REM]

Das erste Centre Pompidou außerhalb Frankreichs! [Bild REM]

Später genießen wir einen Cava auf der Dachterrasse des berühmten Kaufhauses „Corte Inglés“ und beobachten von unserem hochgelegenen Sitzplatz aus wie sich unter uns die nächste Prozession vorbereitet und der Paso mit viel Mühen aus dem viel zu niedrigen Tor herausbugsiert wird.

Das Interesse der spanischen und nicht-spanischen Touristen an jeder Prozession ist riesig und das Gedränge entsprechend groß [Bild REM]

Am Abend haben wir die Chance, noch weitere Prozessionen zu beobachten, die teilweise direkt vor unserem Hotel vorbeikommen. Das zieht sich bis morgens um 2 oder 3 Uhr hin! Aber solange bleiben wir natürlich nicht dabei.

Nächtliche Prozession [Bild REM]

Nachts geht’s noch bunter und voller zu als tagsüber [Bild REM]

Nerja

Am nahen Flughafen holen wir gleich morgens unseren Mietwagen ab und fahren aus Málaga heraus die Küstenstraße in Richtung Osten (Almería), jedoch lediglich 50 km bis zum Küstenstädtchen Nerja, das uns von einer netten Kollegin empfohlen worden war. Nerja ist wunderschön an der Steilküste gelegen und hat zahlreiche größere und kleinere Strände. Allerdings laden die Temperaturen nicht gerade zum Baden im Meer ein. Das Zentrum wird vom sogen. „Balcón de Europa“ geprägt, ein großer Platz, der sich bis an die Steilküste hinzieht und wunderschöne Aussichten bietet.

Kleiner, feiner Stadtstrand in Nerja [Bild REM]

Felsenküste bei Nerja [Bild REM]

Durch die Sierra Nevada

Nach dem Besuch Nerjas wollen wir weiter nach Granada, unserem heutigen Ziel. Um große Straßen und viel Verkehr zu vermeiden, entscheiden wir uns für eine sehr kleine und kurvenreiche Verbindung, die mitten durch die Berge führt und bei Almuñécar von der Küstenstraße in Richtung Norden abzweigt. Es ist eine sehr einsame Strecke (A4050), auf der wir fast keinem Auto begegnen, die uns aber bereits einen Vorgeschmack auf die Bergwelt in der Umgebung Granadas („Parque Nacional de Sierra Nevada“ – Skigebiete mit Meeresblick!) gibt und die südlich von Granada wieder in die Hauptroute mündet.

Auf einsamer Route durch die Ausläufer der Sierra Nevada [Bild REM]

Granada

Wir haben im Zentrum von Granada ein Zimmer im Hotel NH Collection „Victoria“ reserviert. Das Hotel in der Altstadt zu erreichen ist aufgrund der sehr engen Straßen eine Herausforderung, die wir letztlich erfolgreich meistern und unser Auto dann für die nächsten Tage in einer der zahlreichen und teuren Tiefgaragen abstellen; zu Fuß ist es deutlich besser in dieser uralten Stadt!

Hier treffen wir dann auch bald unseren Sohn, der über die Ostertage aus London nachgekommen ist, so dass wir die Feiertage gemeinsam verbringen können. Das Hotel macht seinem Namen alle Ehre und erinnert uns in seiner sehr traditionellen Einrichtung irgendwie an England. Trotzdem fühlen wir uns wohl, insbesondere auch, weil vieles per pedes erreichbar ist.

Was uns sehr stark überrascht, sind die kühlen Temperaturen, die deutlich unter 10°C – abends teilweise bei nur 4 oder 5°C – liegen und manchmal leichten Schneefall mit sich bringen! Laut Klimatabelle sind die Durchschnittstemperaturen im März/April 11 – 13°C und die Minimalwerte 5 – 7°C – wir haben wohl eher Letzteres erwischt! Damit haben wir in Andalusien nicht gerechnet und unterstützen zunächst den lokalen Einzelhandel mit dem Kauf von geeigneter Oberkleidung. Granadas Meereshöhe von rund 750 müM erklärt eigentlich alles!

Offizielles Werbeplakat für die „Semana Santa 2019“ in Granada, die von internationalem Touristen-Interesse sei [Bild REM]

Granada hat heute 240.000 Einwohner und eine sehr renommierte Universität mit mehr als 60.000 Studenten! Die Stadt war urspgl. eine römische Gründung und wurde im Jahre 711 durch die Mauren (muslimische Berber aus Nordafrika) von den Westgoten erobert und fast 800 Jahre (!) von diesen beherrscht. Bis 1492 war Granada die Hauptstadt des Sultanats (Emirats) der Nasriden und am 1. Januar 1492 musste der letzte Herrscher (Boabdil) die Stadt an die sogen. „Katholischen Könige“ (Isabella und Ferdinand) übergeben, womit die erst später so genannte Reconquista abgeschlossen und Spanien wieder vollständig in christlicher Hand war. Aber damit war auch die liberale Zeit zu Ende, die eine friedliche und fruchtbringende Koexistenz von Muslimen, Christen und Juden erlaubt hatte, die Lion Feuchtwanger so gut in seinem Roman „Die Jüdin von Toledo“ beschreibt. Die Nasriden bauten während ihrer langen Herrschaftszeit die Stadtburg Alhambra, d.h. die Rote, zu dem aus, was wir heute kennen und am folgenden Tag besuchen werden.

Am Spätnachmittag machen wir uns auf den Weg entlang des Rio Genil, durch das sehr enge Tal, das sich der schmale Fluss mit einer ebenso schmalen Straße teilt, die wir uns wiederum mit einigen Autos teilen müssen. Der hier noch so unscheinbare Río Genil ist mit rund 360 km Länge der wichtigste Nebenfluss des Guadalquivir und nach diesem der zweitlängste Fluss Andalusiens. Jedenfalls haben wir von hier aus den ersten Blick auf die deutlich höher liegende Alhambra.

Abends essen wir in einem Restaurant sehr gut zu Abend, das seine Terrasse (zum Glück!) mit einem beheizten Zelt überdacht hat. Und ein Fläschchen guten Riojas (der lokale Wein Andalusiens sagt uns nicht so zu, da alles wie Sherry schmeckt) tut uns unter diesen Bedingungen auch sehr gut!

Blick vom Rio Genil nach oben zur Alhambra [Bild REM]

Enge Straße entlang des Rio Genil [Bild REM]

Abends im Dunkeln haben wir noch ausreichend Gelegenheit, die Prozessionen Granadas zu beobachten, die direkt unterhalb des Fensters unseres Hotelzimmers vorbeikommen und sich wirklich bis in die frühen Morgenstunden hinziehen. Es dauert so lange, weil die Pasos mit den Heiligenfiguren aus den jeweiligen Kirchen abgeholt werden, dann auf einem langen, komplizierten Weg mit zahlreichen Stopps durch die Stadt geführt werden und schließlich wieder in der Kirche „abgeliefert“ werden. Und das dauert…

Der Paso wird von Männern bewegt, die sich unterhalb befinden und durch das violette Tuch unsichtbar sind; sie werden von außen mit Rufen gelenkt [Bild REM]

In Granada sind die Prozessionen weitaus mehr durch Musik und große Kapellen geprägt als in Málaga [Bild REM]

Nazarenos [Bild REM]

Alhambra

Heute besuchen wir die Alhambra, die als eines der bedeutendsten Bauwerke des maurischen Stils der islamischen Kunst gilt, die meistbesuchte Touristenattraktion Europas ist und 1984 zum UNESCO-Welterbe ernannt wurde. Die Burganlage ist über 700 m lang und bis zu 220 m breit. Sie besteht aus fünf Teilen: Die Naṣridenpaläste (1) sind das Herzstück der Alhambra; die Alcazaba (2) bildet das militärische Verteidigungswerk des Komplexes; im Osten liegt der Sommerpalast Generalife (3) mit umfangreichen maurischen Gärten (der ungewöhnliche Name Generalife ist übrigens eine spanische Verballhornung des urspgl. arabischen Namens جنة العارف, gannat al-ʿārif und bedeutet „Paradiesgarten des Mystikers“); in der Palaststadt (4) lagen urspgl. Werkstätten und Wohnquartiere der Bediensteten und schließlich der später hinzugefügte Palast Karls V. (5) im Renaissance-Stil.

Es ist sehr zu empfehlen, rechtzeitig online Eintrittskarten zu beschaffen (Alhambra Tour mit Führung – Führungen und Aktivitäten – AlhambraDeGranada.org). Obwohl wir es online seit ½ Jahr versucht hatten, ist es uns leider nicht gelungen, da alles vollständig ausgebucht war und wir haben lediglich an einer sogen. Führung durch die Gärten teilnehmen können, wodurch uns leider die eindrucksvollen Nasridenpaläste entgangen sind. Trotzdem haben wir eine sehr beeindruckende Führung mitgemacht und einen Großteil der Alhambra sehen und bewundern können. Ich möchte Euch hier eine Beschreibung ersparen, die leicht im Internet abrufbar ist, aber Euch nicht folgende Bilder vorenthalten:

Haupt-Zugangstor zur Alhambra [Bild REM]

Überall liegen zahlreiche, wunderschöne und sehr gepflegte Gartenanlagen [Bild REM]

Auf dem Weg zum Generalife [Bild REM]

Die Gärten im Generalife sind immer durch Wasser geprägt [Bild REM]

Der Zauber des Generalife wirkt heute wie vor Jahrhunderten [Bild REM]

Die Alcazaba der Alhambra, das militärische Bollwerk [Bild REM]

Blick auf das gegenüberliegende ehemalige maurische Viertel Albaicín [Bild REM]

Palacio Carlos V. ( „In meinem Reich geht die Sonne niemals unter.“ ), der aus Geldmangel im 16. Jahrhundert nie vollständig fertiggestellt wurde, aber dennoch in seiner Struktur sehr beeindruckt [Bild REM]

Blick auf einen Teil der Alhambra von außerhalb [Bild REM]

Der amerikanische Schriftsteller Washington Irving hat nach einem mehrmonatigen Besuch der Alhambra im Jahr 1829 in dem Buch „Erzählungen von der Alhambra“ phantastisch anmutende und historische Geschichten aus der Roten Burg und über seine Bewohner  zusammengetragen, die eine interessante Ergänzung zum Besuch sind.

Albaicín

Für den Abend haben wir uns Tickets für eine Flamenco-Show besorgt, die in dem sehr verwinkelten, alten maurischen Viertel Albaicín stattfindet, das wir bereits von der gegenüberliegenden Seite aus der Alhambra sehen konnten. Die Vorführung findet in dem uralten, traditionellen Gasthof „Jardines de Zoraya“ statt und beginnt mit einem mittelmäßigen Menü im Hof, bei dem wir alle Pullover anziehen, die wir verfügbar haben.

Der Flamenco-Tanz ist ein insbesondere in Andalusien praktizierter Tanz, der sich sowohl unter maurischem und jüdischem als auch afrikanischem Einfluss entwickelte und sowohl von der typischen Kleidung als auch der Gitarrenmusik sowie den Kastagnetten und ganz speziellen, sehr schnellen Tanzschritten geprägt wird. Langer Rede, kurzer Sinn: Wir sind begeistert von der Aufführung und genießen den Abend sehr!

Hier genießen wir die eindrucksvolle Flamenco-Darbietung [Bild REM]

Zwei Flamenco-Künstler vor der Aufführung [Bild pexels.com]

Flamenco-Tänzer während der Performance [Bild pexels.com]

Zigeunerromanzen“ ist der beeindruckende Gedichtband Federico García Lorcas, des berühmtesten Sohnes der Stadt Granada, der zwar von einem Leben als Musiker träumte und zugleich ein begnadeter Zeichner war, aber schließlich als Dichter und Dramatiker weltberühmt wurde. Im August 1936 wurde er gemeinsam mit anderen Intellektuellen aus Granada wegen seiner Kritik am Regime des Diktators Franco hingerichtet. Seine Leiche wurde nie gefunden! Wir besuchen das in der Altstadt gelegene „Centro Federico García Lorca“ , das sich die Konservierung, Pflege und Erforschung der Bestände der Stiftung Federico García Lorca und die Verbreitung und Erforschung der Werke des Dichters zum Ziel gesetzt hat.

Eingang zum „Centro Federico García Lorca“ [Bild REM]

Guadix

Morgens verlassen wir Granada und suchen uns mit dem Auto den Weg durch die zunächst noch sehr engen Gassen und dann über die moderne Stadtautobahn in Richtung Osten, da wir rund 50 km nach Guadix fahren wollen, das für seine natürlichen Prozessionen und die Höhlenwohnungen bekannt ist und übrigens 1492 das erste Ziel auf Boabdils, des letzten Emirs von Granada, Flucht gewesen war. Seine energische Mutter habe ihn währenddessen gescholten, er solle nicht „… wie ein Weib betrauern, was er zuvor nicht wie ein Mann habe verteidigen können“ . Diese Legende wurde mehrfach literarisch umgesetzt, zuletzt in Salman Rushdies bekanntem Roman „Des Mauren letzter Seufzer“ .

Wir fahren jedenfalls auf einer guten, aber einsamen Straße durch die Bergwelt der Sierra Nevada nach Guadix und parken dort auf einem etwas suspekten Abstellplatz, da das eigentliche Zentrum heute für Autos gesperrt ist. Durch die kalte, aber sehr sonnige Luft marschieren wir in die die Altstadt und erreichen schon bald eine der Kirchen, wo man sich zu Beginn der Prozession bemüht, den Paso aus dem viel zu niedrigen Tor zu bugsieren.

Jetzt kommt gleich der Paso durch das Tor der Kirche! [Bild REM]

Die Träger müssen mit ihrer schweren Last fast auf den Knien rutschen, um die Heiligenfigur unbeschadet nach draußen zu befördern [Bild REM]

Und alles wird von lauter, getragener Musik begleitet [Bild REM]

Wir folgen der Prozession durch den ganzen Ort auf verschlungenen Wegen. Neben einigen wenigen Touristen sind zahlreiche Einwohner ebenfalls unterwegs, um alles zu erleben.

Früh übt sich… [Bild REM]

Es ist immer eine Herausforderung die riesigen Pasos um die engen Kurven der Altstadt zu dirigieren (die Träger sehen nichts!) [Bild REM]

Teilnehmer und Zuschauer mischen sich immer wieder unkompliziert [Bild REM]

Guadix ist außerdem für seine heute noch genutzten Höhlenwohnungen bekannt – das wollen wir uns nicht entgehen lassen. Während die unterirdischen Wohnungen früher lediglich von Künstlern und „Zigeunern“ bewohnt wurden und weder Strom noch Wasser hatten, sind sie mittlerweile sehr teuer und begehrt! Ein großer Vorteil ist die konstante Raumtemperatur von 18°C im heißen Sommer und im teilweise sehr kalten Winter. Wir haben die Möglichkeit, gegen einen kleinen Obolus eine Wohnung zu besichtigen und sind überrascht über die Größe und Ausstattung!

Von den Höhlenwohnungen sieht man nicht viel mehr als die Eingänge [Bild REM]

Und immer wieder „unmotiviert“ herumstehende Kamine [Bild REM]

La Calahorra

Von Guadix aus fahren wir rund 20 km weiter in Richtung Osten, um das Castillo de La Calahorra zu entdecken, eine der spektakulärsten Festungen in Andalusien. Sie liegt auf einer Anhöhe und beherrscht dadurch ihre Umgebung. Die Burg wurde von 1509 bis 1512, also nach der Rückeroberung Granadas, anstelle einer älteren, maurischen Burg erbaut und liegt auf 1310 müM! Leider konnte sie zum Zeitpunkt unseres Besuches nicht besichtigt werden. Der Erbauer, Marquis Rodrigo Díaz de Vivar, ließ die Burg nach italienischen Vorbildern errichten. Der Innenhof wurde mit Carrara-Marmor und aufwändigen Verzierungen im Renaissance-Stil gestaltet; er soll möglicherweise auch Nachkomme des spanischen Nationalhelden und kastilischen Ritters El Cid sein, der allerdings bereits um das Jahr 1050 geboren wurde. Die Burg ist beeindruckend in ihrer einsamen Lage inmitten der Alpujarras, also den fruchtbaren Ausläufern der Sierra Nevada und bietet Besuchern eine faszinierende Mischung aus mittelalterlicher Festungsarchitektur und früher Renaissance. Sie befindet sich heute in Privatbesitz und ist in der Regel immer mittwochs für Besichtigungen geöffnet.

Übrigens erinnert mich die Architektur an das beeindruckendste Bauwerk Friedrichs II. (in Sizilien geborener Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nationen und Enkel Friedrich „Barbarossas“), Castel del Monte; es liegt in der Landschaft Apuliens bei Bari in Italien und „wartet“ noch auf unseren Besuch.

Castillo de La Calahorra [Bild REM]

Auf dem Rückweg nach Granada kommen wir zufälligerweise an einem recht einsam gelegenen, aber einladend wirkenden Landgasthof vorbei und entscheiden uns spontan, dort zu Mittag zu essen. Abgesehen von einer spanischen Familie sind wir die einzigen Gäste; das kredenzte Essen ist hervorragend und wir genießen insbesondere das Wild aus lokaler Jagd!

Am späten Nachmittag (und Abend) gibt es weitere Prozessionen in Granada zu bestaunen!

Die Nazarenos und einige Kirchenführer laufen vorneweg [Bild REM]

Der Paso mit seinen „unsichtbaren“ Trägern [Bild REM]

Diese Spitzen der Schuhe sind das Einzige, was wir von den Trägern der schweren Pasos sehen können (oder gibt es etwa auch versteckte Räder?!?) [Bild REM]

Abends essen wir im Zentrum in einem der hervorragenden Restaurants von Granada („Vor 22 Uhr geht kein ordentlicher Spanier essen und vor 2 Uhr morgens nicht zu einer Party„) und lassen uns trotz der Entfernung zum Mittelmeer mit herrlichen Mariscos (Seafood) verwöhnen. Es ist alles total frisch und wir genießen das Essen und den trockenen spanischen Weißwein dazu sehr!

Die Gambas sehen nicht nur gut aus, sie schmecken auch hervorragend! [Bild REM]

Jaen – Sta. Catalina

Nachdem wir wieder gut in unserem Hotel „Victoria“ genächtigt haben, geht’s am nächsten Morgen mit dem Auto weiter in Richtung Córdoba. Unseren ersten Stopp machen wir nach rund 100 km in der Stadt Jaen, die vom „Castillo de Santa Catarina“ beherrscht wird. Trotz wirklich intensiver Bemühungen gelingt es uns auch mit unserem kleinen Mietwagen nicht, eine Parklücke oder ein Parkhaus zu finden – keine Chance! So verzichten wir leider auf den Besuch der Altstadt und fahren gleich zur Burg hinauf, die uns einen sehr guten Ausblick auf die Umgebung und die Stadt bietet.

Logo der Burg, die auch für das renommierte Hotel „Parador de Jaen“ genutzt wird [Bild REM]

Von der nur mit gutem Schuhwerk zu begehenden Burg und ihrem Turm haben wir einen tollen Ausblick auf Jaen [Bild REM]

Die Stadt Jaen liegt im Tal des Guadalquivir zwischen den mit Olivenhainen bewachsenen Hügeln [Bild REM]

Baeza

Nach weiteren 50 km in nordöstlicher Richtung durch vollständig von Olivenbaumplantagen geprägte Hügel erreichen wir unseren nächsten Zwischenstopp, die Renaissance-Stadt Baeza. Ähnlich wie Jaen lebt auch Baeza in allererster Linie vom Anbau und Verkauf der in der Umgebung angebauten Oliven und dem daraus gewonnenen Öl. Allerdings hat die hiesige, industrielle Produktion nichts mit dem kleinbäuerlichen Anbau, wie wir ihn z.B. vom Gardasee kennen, zu tun. Es ist wirklich professionell und die bis zum Horizont reichenden Plantagen erschlagen uns nahezu.

Das geschlossene Altstadtensemble der wunderschönen Stadt Baeza im Stil der Renaissance befindet sich seit 2003 auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes und wir erkunden die autofreie kleine Stadt per pedes. Zu Mittag essen wir in einem kleinen Restaurant sehr typisch gemeinsam mit diversen Arbeitern und lernen dabei die Suppe „Salmorejo“ kennen, eine ur-andalusische Speise ähnlich der bekannten Gazpacho, aber etwas gehaltvoller und mit mehr Brot und weniger Gemüse. Nach dem Essen werden wir noch Zeuge einer kleineren Prozession, die man vielleicht als „Nachlauf“ bezeichnen kann, da mit dem Ende des Osterfestes nunmehr auch die Prozessionen ihr Ende gefunden zu haben scheinen.

Der Löwenbrunnen am Marktplatz in Baeza [Bild REM]

Innenhof mit Orangenbäumen [Bild REM]

Der Marienplatz mit Marienbrunnen in der Nähe der Kathedrale [Bild REM]

Von Baeza aus fahren wir weitere 1½ Stunden durch endlose Olivenplantagen bis nach Córdoba. Unsere Erlebnisse zunächst in Córdoba, das über 500 Jahre die Hauptstadt wechselnder maurischer Königreiche war und anschließend in der wunderschönen andalusischen Hauptstadt Sevilla möchte ich Euch im zweiten und letzten Teil meines Reiseberichts unter dem Titel „Höhepunkte der maurischen Kultur in al-Andalus الأندلس – Teil 2“ vorstellen, den Ihr bald an gleicher Stelle vorfinden werdet.

Reiseliteratur Andalusien

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Die Schönen und die Reichen von Marbella, die Alhambra und die weißen Dörfer; Sonnenbaden, Kitesurfen und Skifahren: Andalusien hat viele Facetten. Kaum eine Region bietet mehr Abwechslung aus Kunst, Kultur und imposanter Naturschönheit als der südlichste Teil Spaniens. Daran sind die Mauren schuld und die Römer, die Maler von Velázquez bis Picasso, die Fußballer und die Flamencotänzer von Sevilla sowie die Frauen von Jaén. Die sind Ihnen kein Begriff? Dann wird es höchste Zeit! Paul Ingendaay kennt sich aus in Andalusien, und er nimmt uns mit auf die Reise an die Costa de la Luz, nach Cádiz … – mehr davon bei Amazon

 

Titelbild: Danke an Anatolii Maks bei Pexels! Und weiteren Dank an Pexels für die beiden Bilder der Flamenco-Tänzer


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