Spanien: Feinde im eigenen Land: Ein Bürgerkrieg war die Blaupause für den Weltenbrand

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Titelbild copyright Wolfgang Schumacher

Stationen im spanischen Bürgerkrieg und dessen Aufarbeitung vor Ort

Ein Gastbeitrag von Wolfgang Schumacher

Aragón. Vor etwa 85 Jahren, im August 1938, startete die letzte und am Ende entscheidende Gegenoffensive der Spanischen Republik gegen die Putschisten um General Franco, die alles entscheidende Schlacht endet am Ebro-Bogen unmittelbar südlich des kleinen Städtchens Fayón in der Provinz Aragón.

Die zweite spanische Republik kämpfte ab Sommer dieses Kriegsjahres immer verbissener und verlustreicher gegen die Angriffe der Putschisten und damit gegen ihren Untergang, den die rechten Falange-Generäle mit Hilfe der maurischen Soldaten aus der gut ausgebildete Afrika-Armee mit Franco an der Spitze auf Gedeih und Verderb herbeiführen wollten.

Schlachtplan der Internationalen Brigaden - Foto Wolfgang Schumacher

Schlachtplan der Internationalen Brigaden – Foto Wolfgang Schumacher

Die Wunden, die dieser erbitterte Bürgerkrieg dem gesamten Spanien schlug, liegen bis heute historisch weitgehend unbearbeitet offen, in Gesprächen ist oftmals und ein wenig neidvoll zu hören, Deutschland habe es ja nach der Nazi-Diktatur bereits vor einigen Jahrzehnten geschafft, die Entnazifizierung der Nachkriegsgesellschaft zu organisieren – und abzuschließen.

Franco-Soldaten aus Afrika - Foto Wolfgang Schumacher

Franco-Soldaten aus Afrika – Foto Wolfgang Schumacher

Es existieren inzwischen jedoch durchaus regionale Bemühungen, die Geschehnisse insbesondere am Frontverlauf nahe Saragossa und auf der Hochebene Monegros aufzuarbeiten, so zum Beispiel auf der „Ruta Orwell“, in deren Verlauf in dem hügeligen Gebiet der Sierra Alcubierre sich auch der berühmte englische Autor und Kriegsberichterstatter („Mein Katalonien“) aufhielt und sogar mitkämpfte, er wurde am Ende sogar angeschossen, sein weltbekannter US-Kollege und ebenfalls Kriegsberichterstatter Ernest Hemingway („Wem die Stunde schlägt“, 1940) kam unverletzt davon.

Juli 2022: In Aragonien berichtet Natalia Arazo (Direktorin des regionalen Tourismusverbandes Monegros) über den Frontverlauf zwischen den Schützengräben, die man historisch aufgearbeitet und wiederhergestellt hat, vor einigen Jahren noch gab es hier nur Denkmäler der Sieger mit dem faschistischen Falange-Symbol, das Joch mit den roten Pfeilen, ist heute verboten.

Zurück zur Kriegsgeschichte. Wie bereits Italien mit Mussolini und Deutschland mit Hitler sollte auch Spanien von einer faschistischen Diktatur regiert werden. Im Herbst 1938 waren bereits weite Teile der iberischen Halbinsel eingenommen, doch die Hauptstädte der Zentralmacht, Madrid und Barcelona, hielten noch stand und wurden von Tausenden Kämpfern republikanischen und der für ihren Mut bewunderten Internationalen Brigaden verteidigt. Der Einsatz der internationalen Kämpfer, die in diversen Frontreportagen etwa von berühmten Schriftstellern wie Hemingway oder Orwell gefeiert wurden, verschaffte der jungen spanischen Republik eine hohe internationale Medienaufmerksamkeit – am Ende nutzte es wenig.

Von Hitler gelieferte Flak - Foto Wolfgang Schumacher

Von Hitler gelieferte Flak – Foto Wolfgang Schumacher

Mit dem Einsatz von etwa 50.000 bis 60.000 Kämpfern in acht Divisionen, die aus Richtung der anarchistischen Hochburg Barcelona nach Süden marschierten, war die große Hoffnung der republikanischen Generäle und dem Kabinett Negrín verbunden, wieder einmal eine Kriegswende in dem Hin und Her tobenden Bürgerkrieg zu schaffen, dies insbesondere in der geteilten und martialisch umkämpften Provinz Aragón mit seiner bereits seit längerem von den Falangisten besetzten Hauptstadt Saragossa.

Wie heute aktuell die ukrainische Gegenoffensive gegen den Angriffskrieg Putins war der Aufmarsch der republikanischen Truppen gegen General Franco ein gemeinsames Aufbäumen von internationalen demokratischen Kräften gegen einen totalitären Aggressor, in Spanien allerdings in Form eines unversöhnlichen Bürgerkrieges, in dem am Ende Hunderttausende ihr Leben verloren, Zehntausende wurden verschleppt und kamen nicht mehr wieder, sie wurden hingerichtet.

Der Riss der verfeindeten Ideologien geht bis heute oftmals mitten durch die spanische Gesellschaft, wie eine junge Frau aus Belchite, einer hart umkämpften und am Ende völlig zerstörten Kleinstadt im Norden von Saragossa, berichtete.

Trümmer in Belchite 1938 - Foto Wolfgang Schumacher

Trümmer in Belchite 1938 – Foto Wolfgang Schumacher

Alodia Villar ist Enkelin eines in der Anarcho-Gewerkschaft CNT organisierten Großvaters, der gegen Franco kämpfte, nach Frankreich entkam und am Ende in andalusischer Zwangsarbeit landete. Der Name Alodia heißt „freies Land“, die Tradition wirkt in der Familie ungebrochen weiter wie auch heute auf der anderen Seite Falangisten unbehelligt ihre Helden verehren.

Zerbombte Kirche in Belchite - Foto Wolfgang Schumacher

Zerbombte Kirche in Belchite – Foto Wolfgang Schumacher

Der Großvater von Alodia kämpfte mit den Internationalen Brigaden gegen die Putsch-Generäle Emilio Mola und Francisco Franco, deren maurische Truppen am Beginn des Krieges von Hitler- und Mussolini-Flugzeugen über die Straße von Gibraltar eingeflogen wurden, Engländer, Franzosen und Amerikaner sahen zu.

Fayón ist in diesem Zusammenhang der melodische Klang eines Ortsnamens, der Name einer kleinen Stadt im Süden von Aragón in unmittelbarer Grenznähe zu Katalonien. Sie liegt an dem malerischen gelegenen Zusammenfluss des großen aus dem Norden kommenden Zentralstroms Ebro und dem kleinen Flüsschen Mattarana, damals ein normales Mündungsdreieck, heute ein großflächiger Stausee, aus dem die Kirchturmspitze des historischen Ortskerns ein wenig gruselig nur einige Meter über die Wasseroberfläche herausragt.

Kirchturm des versunkenen Dorfes Fayón - Foto Wolfgang Schumacher

Kirchturm des versunkenen Dorfes Fayón – Foto Wolfgang Schumacher

Das neue Museum von Fayón wird von dem Bürgerkriegs-Historiker Aitor Garcia betreut. Garcia berichtet bildhaft über die das gewaltige Improvisationstalent und den Mut der Verzweiflung der republikanischen Stoßtruppen, die auf selbst gebauten Pontons und auf kleinen Booten den Fluss unter Beschuss überquerten, denn auf der andern Seite hocken die Gegner in Stellung.

Der Durchstich war umso wichtiger geworden, als die Falange-Truppen nach ihrem Sieg im eisigen Winter 37/38 im schwer umkämpften Teruel das republikanische Staatsgebiet mit ihrem Vormarsch bis zur Küste in zwei Teile geteilt hatten, es war der der Anfang vom Ende, denn auch die von Oberst Juan Modesto geführte Operation scheiterte an der Luftüberlegenheit der Falangisten.

Brücke in Teruel. Franchisten auf der anderen Seite wurden von Panzer beschossen. - Foto Wolfgang Schumacher

Brücke in Teruel. Franchisten auf der anderen Seite wurden von Panzer beschossen. – Foto Wolfgang Schumacher

Denen waren seit Guernica die Flugzeuge der deutschen „Legion Condor“ und auch der italienischen „Aviazione Legionaria“ aus der Luft zu Hilfe gekommen, ein Szenario, vor dem bereits der französische Visionär André Malraux (Film Sierra de Teruel) mit den Worten gewarnt hatte, das Schicksal der Republik entscheide sich am Ende „in der Luft“.

Die eingesetzten deutschen 250-Kilo-Bomben sind beispielsweise im „Museo Batalla del Ebro“ ebenso ausgestellt wie das damals neueste von Krupp hergestellte Flak-Geschütz, denn deutsche Kriegswaffen sollten in Spanien getestet werden, Spanien war die Blaupause für Hitlers Weltenbrand, der nur ein Jahr später begann.

Boote und Pontons für die Ebro-Schlacht - Foto Wolfgang Schumacher

Boote und Pontons für die Ebro-Schlacht – Foto Wolfgang Schumacher

Die 50.000 Republikaner wurden bis Mitte November 1938 weitgehend aufgerieben, sodass Franco ab Dezember von Süden aus Richtung Valencia die kriegsentscheidende Katalonien-Offensive starten konnte – und am Ende auch nach Madrid einmarschieren konnte.

Ab da war das noch junge republikanische Spanien zu einer faschistischen Diktatur geworden, in der politische Gegner einfach so verschwanden oder an die Wand gestellt und erschossen wurden, rund 8500 Aragonesen wurden bis 1943 exekutiert, Kinder wurden entführt wie jüngst von Putins Schergen in der Ukraine.

Mahnmal mit Stelen am Cementerio de Torrero - Foto Wolfgang Schumacher

Mahnmal mit Stelen am Cementerio de Torrero – Foto Wolfgang Schumacher

In Saragossa hat man nach langen Diskussionen ein Mahnmal für die Gefallenen und Verschwundenen errichtet, dies in der Nähe des Friedhofs „Cementerio de Torrero“, frische Blumen zeugen von aktueller Anteilnahme. Gleichermaßen hat auch die national-faschistische Falange-Bewegung noch heute eine deutliche Anhängerschaft, die Diskussionen um Francos Grabstädte El Pardo-Mingorrubio im Nord-Westen Madrids zeigt das deutlich.

Mahnmal am Cementerio - Foto Wolfgang Schumacher

Mahnmal am Cementerio – Foto Wolfgang Schumacher

Fotos und Text: Wolfgang Schumacher

Informationen zum Thema: Spanisches Fremdenverkehrsamt, Reuterweg 51 – 53, 60323 Frankfurt/M., Tel.: +49-69-725084

Regionale Infos: Ruta Orwell, Sierra Alcubierre, www.turismomonegros.com/la-ruta-orwell;

Museum der Ebroschlacht in Fayón: batalladelebro.turismofayon.es/museo/informacion-museo/

Museum in Robres: www.robres.es

Bunker von Monegrillo: www.monegrillo.es/refugio-antiaereo-cueva-castillo-63.html

Transparenz / Offenlegung

Der vorliegende Beitrag wurde nach einer Pressereise des Spanischen Fremdenverkehrsamtes geschrieben, das die Reisekosten übernommen hat.

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