Lechweg: Acht Naturwunder zwischen Deutschland und Österreich
Translation with GoogleKönig Steinbock, Kriemhilds Helm und ein mysteriöser Fall
Laufen, schweigen, lauschen, schauen – oder einfach nur stehenbleiben und staunen: Auf dem 125 Kilometer langen Lechweg von Lech am Arlberg bis nach Füssen im Allgäu sollten Wanderer sich genug Muße nehmen, um die Naturphänomene entlang eines der letzten Wildflüsse Europas nicht zu übersehen. Denn mit geschärften Sinnen können sie zum Beispiel dem Gesang der Murmeltiere lauschen, in einem Meer aus Orchideen stehen und vielleicht sogar einem immer noch nicht ganz geklärten Geheimnis auf die Spur kommen. www.lechweg.com
Opulente Ouvertüre am Formarinsee
Schon zu Beginn des Lechwegs haben Naturliebhaber kaum eine andere Wahl, als ihre Wanderung erstmal zu unterbrechen – leuchtet der beinah kreisrunde Formarinsee auf 1.793 Metern oberhalb von Lech am Arlberg doch je nach Sonneneinfall von smaragdgrün über türkis bis hin zu azurblau. Das natürliche Gebirgsgewässer vor der mächtigen Roten Wand bildet sich jedes Jahr neu aus der Schneeschmelze der umliegenden Vorarlberger Alpen. Ganz in der Nähe entspringen Formarin- und Spullerbach, die sich nur wenige Kilometer später zum Wildfluss Lech vereinen.
Lage: am Start des ersten (beziehungsweise Ende des letzten) Abschnitts im Lechquellgebiet
Europas größte Steinbock-Kolonie
Weiter führt die erste Lechweg-Etappe in Richtung Norden über die Alpe Formarin. Dort erinnert das bronzene Steinbock-Denkmal an die Wiedereinsetzungserfolge des 19. Jahrhunderts. Damals gab es aufgrund des hohen Jagdaufkommens nur noch knapp 40 Tiere im gesamten (!) Alpenraum. Einem Untertan des einstigen italienischen Herrscherhauses ist zu verdanken, dass 1821 ein königliches Dekret zum Schutz der Ziegenart erlassen wurde. Vom Nachbarland gelangte das Bergwild wieder zurück an den Arlberg. Dort sind mittlerweile rund 600 Exemplare zu Hause, bewundert unter anderem von den Lechweg-Wanderern.
Lage: nördlich des Formarinsees oberhalb von Lech am Arlberg
Wo das Murmeltier täglich grüßt
Die klare Luft rund um Warth am Arlberg auf über 1.500 Metern genießen nicht nur Lechweg-Wanderer. Neben menschlichen Besuchern fühlen sich dort nämlich auch zahlreiche tierische Bergbewohner wohl. Das Pfeifen der im Alpenraum Mankei genannten Murmeltiere ist schon unten im Dorf zu hören – von Schlaf keine Spur. Weiter oben bekommt man die putzigen und teilweise wenig scheuen Nager dann auch zu sehen, und ein solcher Umweg lohnt sich allemal: Denn ebenso können Aufmerksame flinke Gämsen und Adler, die ihre Kreise über den Arlberger Alpen ziehen, in den luftigen Höhen entdecken.
Lage: oberhalb des Walserdorfs Warth am Arlberg
Schaukelnd übers Höhenbachtal
Die Überquerung der Höhenbachschlucht nahe Holzgau ist nichts für schwache Nerven, aber doch ganz ungefährlich. Von den blühenden Wiesen am Gföllberg bis zum Sonnenplateau Schiggen führt die Hängebrücke, die mit 200 Meter Länge und einem Meter Breite mehr als 100 Meter über dem Boden schwebt. Dabei ist das 2012 eröffnete Bauwerk die höchste, unentgeltlich zugängliche Fußgängerbrücke in Österreich und bietet freien Blick auf den Simmswasserfall. Im 19. Jahrhundert künstlich angelegt, gilt die Kaskade als bedeutendste Sehenswürdigkeit von Holzgau.
Lage: Der Lechweg führt direkt über die Holzgauer Hängebrücke im Tiroler Lechtal
Das Rätsel des Doser Wasserfalls
Bei Häselgehr im Tiroler Lechtal zeigt sich regelmäßig ein mysteriöses Naturphänomen: Jedes Jahr am 11. November versiegt der Doser Wasserfall plötzlich da, wo er am 23. April wieder zu sprudeln beginnt. Wild schäumend tritt dann der Tuoserbach aus einer Felsengrotte hervor. Der Legende nach ist ein Drache verantwortlich für die sonderbare Erscheinung. Wissenschaftler hingegen vermuten einen unterirdischen See und dessen Überlauf durch die Schneeschmelze. Der wahre Grund für das rätselhafte Verschwinden ist allerdings immer noch nicht endgültig geklärt.
Lage: im Weiler Luxnach entlang des Lechwegs von Häselgehr aus
Die Wächter des Frauenschuhs
Prachtvoll zeigt sich die Blüte des Gelben Frauenschuhs, einer so seltenen wie begehrten Orchideenart. Aufgrund der reichen Bestände im Tiroler Lechtal gelten die halbschattigen Lechauen bei Martinau als größtes zusammenhängendes Frauenschuhgebiet Europas – und werden deshalb von der örtlichen Bergwacht nicht aus den Augen gelassen. Mit dem wasserdurchlässigen Kalkschotterboden des lichten Kiefern- und Trockenauwalds herrschen dort perfekte Bedingungen für „Kriemhilds Helm“. Während ihrer Hoch-Zeit von Mitte Mai bis Mitte Juni sind die unter Artenschutz stehenden Wildblumen den Abstecher vom Lechweg absolut wert.
Lage: in Martinau im Tiroler Lechtal, etwa zwei Kilometer entfernt von Elmen am Lechweg
Auf der Pirsch im Vogelschutzgebiet
Das Schutzgebiet Pflacher Au in Reutte liegt beinah direkt am Lechweg und beherbergt Wasservögel, Blässhühner, Schwalben sowie Mauersegler. Vom 18 Meter hohen Vogelbeobachtungsturm haben Hobby-Ornithologen den 360-Grad-Blick über Bäche, lehmige Tümpel und Stillgewässer, umgeben von einem Dschungel aus Totholz und Gestrüpp: der ideale Lebensraum also für junge Vogel-Eltern und ihren Nachwuchs. Wer mag, unternimmt eine geführte Safari mit dem Naturparkguide.
Lage: Der Vogelbeobachtungsturm befindet sich nahe des Innovationszentrums Pflach
Gesegnetes Naturdenkmal Füssener Lechfall
Der türkisgrüne Lechfall bei Füssen am Rand einer tief eingeschnittenen Klamm zählt nicht umsonst zu Bayerns schönsten Geotopen. Die zwölf Meter in die Tiefe stürzenden Staustufen wurden zur Nutzung der Wasserkraft Ende des 18. Jahrhunderts errichtet. Lechfall und -schlucht sind seit je ein Ort zum Innehalten, was vor allem einer Legende zu verdanken ist. Dort soll der Heilige Magnus auf der Flucht vor heidnischen Verfolgern über den wilden Lech gesprungen sein. Heutzutage überqueren ihn Lechweg-Wanderer auf dem 1895 erbauten König-Max-Steg ein letztes Mal, bevor ihre 125-Kilometer-Tour ebenda endet.
Lage: Der Lechfall markiert das Ende des Lechwegs (oder den Beginn der Tour in umgekehrte Richtung)
Tipp: Spezialisierte Wander- beziehungsweise Trekkingveranstalter wie ASI Reisen, Abenteuer Wege, Euro Hike, TS Touristik Service und Wikinger Reisen bieten sechs-, acht- oder zehntägige Arrangements ab 680 Euro pro Person inkl. Übernachtungen und Gepäcktransport an.
Über den Lechweg
Mit den Gipfeln der Lechtaler und Allgäuer Alpen als Kulisse verläuft der „Lechweg – von der Quelle bis zum Fall“ auf rund 125 Kilometern entlang eines der letzten Wildflüsse Europas. Seit 2012 führt er Wanderer durch verschiedene Landschaften von alpinen Höhen bis in weite Täler. Die Route startet am Formarinsee und passiert Warth in Vorarlberg/Österreich, durchquert die Tiroler Naturparkregionen Lechtal sowie Reutte und endet schließlich am Lechfall im bayerischen Füssen. Damit verbindet sie drei Regionen und zwei Länder mit ihren jeweiligen Geschichten, Traditionen und Sehenswürdigkeiten. Die moderate Strecke ist in insgesamt 15 Abschnitte unterteilt und kann in sieben bis zehn Etappen absolviert werden. Für den Komfort unterwegs stehen auf Wunsch Gepäcktransport und kostenlose öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung. Am Wegesrand finden sich zahlreiche Lechweg-Produkte aus Landwirtschaft und Handwerk. Als erste grenzüberschreitende Weitwanderung wurde der Lechweg von der Europäischen Wandervereinigung (EWV) als „Leading Quality Trail – Best of Europe“ zertifiziert. www.lechweg.com