Spanien: ein Himmel voller Orangen – oder wie die Apfelsine in die Flasche kommt

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Titelbild Gastbeitrag Orangeplantage Schumacher
  

 

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Autor:Gastautor Wolfgang Schumacher
Reisezeit:Mai 2024
Art der Reise:Pressereise
Lesezeit: 3 Minuten
  

 

Castellón/Valencia Teresa Bover rotiert zwischen Küche und dem reichlich gefüllten Tisch unter den Orangensträuchern hin und her. Die „Gutsherrin“ bewirtet in diesem exotischen Umfeld ihre Gäste. Denn sie führt eine der letzten großen Orangenplantagen mit Namen „Huerta Ribera“, seit rund 150 Jahren gelegen in Carcaixent nahe Valencia – der historische Ort der damals blühenden spanischen Orangen-Produktion liegt allerdings auf dem Gebiet der Region Castellón.

Weite Orangenhaine auf Huerta Ribera

Weite Orangenhaine auf Huerta Ribera

Seit ihrer Kindheit kennen die meisten Deutschen das Fruchtgetränk „Valensina“, die Zusammenfügung der Namen der Valencia-Orange mit der Bezeichnung „Apfelsine“, dem „Apfel aus China“. Damals in den Jahren vor der Globalisierung, als es in der DDR größtenteils keine und in der Bundesrepublik noch wenige Zitrusfrüchte zu jeder Jahreszeit gab, war das Orangengetränk das Frischeversprechen und die Vitamingarantie überhaupt.

Herrenhaus Orangen-Plantage Huerta Ribera in Carcaixent

Herrenhaus Orangen-Plantage Huerta Ribera in Carcaixent

Das Originelle an einem Plantagen-Besuch in Carcaixent: Chefin Teresa Bover führt persönlich durch die Baumreihen und legt manchmal sogar Hand an, um die frisch gepflückten Orangen aus den Kisten auf das Laufband der Sortiermaschine zu schütten. Dazu gibt es Orangenprodukte wie etwa Konfitüren in einem liebevoll geführten Hofladen zu kaufen, ein Hauch von Kolonialzeit vermittel ein stylischer Eiswagen für den Straßenverkauf, im Vintage-Stil steht er als Blickfang vor dem Gebäude.

Teresa Bover schüttelt ihre Valencia-Orangen in die Sortiermaschine

Teresa Bover schüttelt ihre Valencia-Orangen in die Sortiermaschine

Wer die berühmte Valencia-Orange oder eine Riesen-Zitrone nicht an der Ladentheke kaufen mag, kann als Selbstpflücker Stunden in der acht Hektar großen Plantage verbringen und dabei weit über die Landschaft der Sierra de les Agulles blicken, der Plantagenbesuch und die Verköstigung im Freien ist ein Highlight jeder Reise durch die blühenden Landschaften der Castellón-Region nordwestlich von Valencia.

Riesenzitrone von der Plantage Huerta Ribera

Riesenzitrone von der Plantage Huerta Ribera

An das Zitrus-Erlebnis zwischen den Bäumen der Plantage von Teresa Bover kommt allenfalls der Besuch der „Ruta de los Olivos Milenarios“ („Tausendjährige“) in der Gegend um das Städtchen Sant Mateu heran. Die regionalen Tourismusverbände vermitteln Gruppenfahrten auf elektrischen Mountainbikes zu den mehr als 1000 Jahre alten Bäumen in den weitläufigen Olivenhainen, seit Jahrhunderten von den Landwirten gepflegt und bewirtschaftet. Doch gerade in der heutigen Zeit kommt es angesichts der steigenden Preise für das spanische Olivenöl – Spanien das der größte Olivenöl-Produzent weltweit – zur Oliven-Piraterie, die grünen und dunkelbraunen Früchte werden des Nachts schlicht geklaut.

Die Mountainbike-Strecke rund um Sant Mateu (sie ist von den Tourismusbüros empfohlen und ausgeschildert) macht nach einer kurzen Fahrtstrecke an einem speziell ausgesuchten „Tausendjährigen“ halt, die urtümlichen mit riesig ausladenden Ästen bestückten und immer noch tragenden Stämme des Olivenbaumes hinterlassen unwillkürlich einen Hauch von zeitloser Ewigkeit.

Hier fügt sich ein weiteres historisches Erbe ein, das die Region im Nordwesten Valencias zu bieten hat. Denn hier gab es in der nachrömischen Zeit etwa bis zum Beginn des frühen Mittelalters mit Karl dem Großen eine Blütezeit der westgotischen Herrscher. Diese aus dem Osten bis hinunter in den Raum um Valencia und vor allem bis Toledo eingewanderten Stämme von Goten dominierten rund 200 bis dreihundert Jahre lang diesen Mittelmeerraum, ihr Herrschaftsgebiet reichte von Südfrankreich bis in den Süden nach Valencia und Toledo, letztere wurde die westgotische Hauptstadt auf der iberischen Halbinsel.

So findet man durchaus noch Spuren der kampferprobten Westgoten in der ländlichen Umgebung Valencias. Vereine dort haben sich zum Ziel gesetzt, die besondere Speisenzubereitung der Goten nachzuempfinden und Gruppen von interessierten Touristen als Menue anzubieten.

Es gibt Festmahle mit neugotischen Speisen, hier die Zutaten präsentiert im westgotischen Outfit

Es gibt Festmahle mit neugotischen Speisen, hier die Zutaten präsentiert im westgotischen Outfit

Solche Geschmack-neugierigen Besucher können etwa ein komplettes westgotisches Bankett buchen. Das sogenannte MuPla, das Museum Pla de Nadal in Riba-roja de Túria, gibt einen Geschichtsüberblick und bietet Theaterabende an, die den historischen Atem des bislang nicht besonders erforschten Volkes der Westgoten- in dieser Region vermitteln – die Westgoten gelten bis heute noch als überwiegend unbekanntes Volk in Europa.

Aussicht auf die Berge bei Bocairent, in der Nähe die maurischen Höhlen

Aussicht auf die Berge bei Bocairent, in der Nähe die maurischen Höhlen

Doch es gibt noch weitere Historien-Sensationen zu bestaunen, sie reichen bis in die Vorzeit. In La Valltorta mitten in der weiten Landschaft werden vom dortigen, gleichnamigen Museum Spaziergänge zu vorzeitlichen und als Unesco-Weltkulturerbe anerkannten Höhlenmalereien organisierte, ein Guide mit ausgezeichneten Geschichtskenntnissen ist dabei. In Requena wiederum warten eine Burg und weitere Höhlen. Wer es aber so richtig eng und klaustrophobisch mag, sollte sich die „Covetes dels Moros“, die maurischen Höhlen, in Bocairent nicht entgehen lassen, hier haben die Mauren enge Vorratsräume in die Felsen geschlagen.

Staumauer im Naturpark Hoces del Cabriel

Staumauer im Naturpark Hoces del Cabriel

Wer dieser Enge nahe dem malerischen Bergort Bocairent wieder entfliehen will, hat es nicht weit zum gleichermaßen idyllischen Naturpark „Hoces del Cabriel“ mit tiefen Schluchten und ausgedehnten Wanderrouten entlang der Flüsse, also ganz viel Natur in unmittelbarer Nähe der beliebten Bade- und Kulturstadt Valencia an der Ostküste Spaniens.

Zur Reise eingeladen und bezahlt hatte das Spanische Fremdenverkehrsamt Frankfurt, Reutersweg 51-53, T +49 69 72 50 84, Netz: www.spain.info, günstige Flüge gibt es von Düsseldorf, Köln und Charleroi-Airport (Brüssel Süd) nach Valencia.

 

Alle Fotos vom Autor